Hans-Peter Klein

47. bundesweites Gedenkstättenseminar: Schule und Gedenkstätten - Protokoll

Gedenkstätten als außerschulische Lernorte –.pädagogische Forschungen und Erfahrungen..Beitrag zur AG 2 des Gedenkstättenseminars „Schulen und Gedenkstätten“.von Hans-Peter K l e i n, Melsungen.Weilburg 2007..Durch meine Tätigkeit in verschiedenen Bereichen der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit sowie in der Lehreraus- und fortbildung kann das Thema von verschiedenen Seiten und unterschiedlichen Aspekten betrachtet werden. Dabei gehe ich von folgenden Grundansichten aus:.. Eine Gedenkstätte definiert sich selbst, arbeitet nach eigenen didaktischen und methodischen Konzeptionen, ist nicht Schule, sondern bietet Chancen und Möglichkeiten für Schule und Unterricht. .. Der Begriff außerschulischer Lernort ist wörtlich zu nehmen. Schülergruppen gehen aus der Schule heraus, der außerschulische Unterricht unterliegt nicht schulischen Zwängen, wie 45-Minuten-Takt der Unterrichtsstunde, Fächer- und Lehrerwechsel, herkömmliche Benotung und bietet andere Lern- und Arbeitsformen.... Gedenkstätten bieten die Möglichkeit zum Lernen an authentischen Orten historischen Geschehens, mit Originaldokumenten und –zeugnissen und mit Zeitzeugen. Entdeckend-forschende sowie kreative Arbeits- und Lernformen können dabei erprobt und angewandt werden...Ein kurzer Rückblick auf die letzten 30 Jahre:..Als Reaktion auf Defizite in der historisch-politischen Bildung entwickelten Organisationen und Träger der außerschulischen Bildungsarbeit in den 70er Jahren Konzepte für Schülerseminare zur Geschichte des 20.Jhds., insbesondere des Nationalsozialismus. Im Mittelpunkt standen dabei Alltagsgeschichte, antifaschistischer Widerstand, Jugendliche im Nationalsozialismus sowie das Thema Neofaschismus und Rechtsradikalismus. Zu den Methoden gehörten Projektarbeit bzw. –orientierung , Zeitzeugengespräche, Gedenkstättenbesuche...Die Etablierung zahlreicher Gedenkstätten bot ab den 80er Jahren neben dem Lernen an authentischen Orten die Möglichkeit zur stärkeren Einbeziehung von Regionalgeschichte und Spurensuche. Die Erfahrung, dass sich Geschichte an vielen Ort abspielt und die Aufforderung des Buchtitels von Sven Lindqvist „Grabe, wo du stehst !“ führten zu neuen Ansätzen in der historisch-politischen Bildung und eröffnete Kooperationen zwischen Schulen und außerschulischen Lernorten, unterstützt von der Forderung nach Öffnung der Schulen in der Schul- und Bildungspolitik und den Angeboten und Möglichkeiten, die von Gedenkstätten und anderen außerschulischen Lernorten für den Schulunterricht, aber auch in der Lehrerfortbildung dazu entwickelt wurden. ..Verankerungen solcher Kooperationen zwischen Schulen und Gedenkstätten boten in den 90er Jahren Schulprogramme, in denen Profile und Schwerpunkte von Schulen beschrieben wurden. Damit waren Möglichkeiten einer kontinuierlichen und vielfältigen Zusammenarbeit gegeben, Gedenkstättenbesuche waren keine einmaligen Veranstaltungen mehr..Wo stehen wir heute ? – ..Innerhalb der Lehrerschaft findet in den letzten Jahren ein Generationswechsel. Träger der oben beschriebenen historisch-politischen Bildung gehen vermehrt in den Ruhestand und wird durch junge Lehrerinnen und Lehrer ersetzt. Um Gedenkstätten als historische Lernorte auch in der Zukunft erhalten und nutzen zu können, ist es erforderlich, dass Gedenkstättenpädagogik fester Bestandteil der Lehrerausbildung sowohl in der 1. als auch in der 2. Phase sowie der Lehrerfortbildung wird. Diese Aufgaben haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gedenkstätten vielfach schon übernommen bzw. in die Konzeptionen und Angebote ihrer Institutionen aufgenommen...Organisatorische Veränderungen, neue Prüfungen und Lehrpläne im Schulwesen, Alltagsprobleme wie Unterrichtsausfall, Klassengröße und Arbeitszeitverlängerung, schulische Zwänge durch Bus- und Zugfahrtzeiten für Fahrschüler, Festlegungen von Zeitkorridoren für Fahrten und Veranstaltungen können für die oben beschriebene Kooperation kontraproduktiv sein. Dem ist sowohl von Lehrerseite als auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gedenkstätten entschieden entgegen zu wirken, um Rückschritte und einen Rückfall in die 50er und 60er Jahre zu verhindern. Dabei kann es schon hilfreich sein, Widersprüche in der Schul- und Bildungspolitik aufzugreifen, wie beispielsweise zwischen der Forderung nach kompetenzorientiertem Lernen und den bestehenden Lehrplänen, um deutlich zu machen, dass die Einbeziehung außerschulischer Lernorte und die Kooperationen zwischen Gedenkstätten und Schulen ein wichtiger Bestandteil zeitgemäßer Lern- und Unterrichtsformen sind...Neben der oben bereits erwähnten Mitarbeit der Gedenkstätten in der Lehreraus- und fortbildung sollten Gedenkstätten auch Veränderungen im Schulwesen aufgreifen und konstruktiv nutzen. Dies ist beispielsweise möglich, in dem Gedenkstätten Angebote für Ganztagsschulen, z.B. im Bereich des Nachmittagsunterrichts oder für Ags machen. Themenvorschläge und Hilfen bei Präsentationsprüfungen oder besonderen Lernleistungen in der Oberstufe sind bereits neue Aufgaben für Gedenkstätten...Die Mitarbeit bei schulischen Projekten, wie beispielsweise mehrtägige Studienfahrten in größere Gedenkstätten (Auschwitz) bieten gerade für regionale Gedenkstätten Möglichkeiten Zugänge zu solchen Fahrten zu eröffnen sowie Angebote für regionale Spurensuchen zu machen und beispielsweise Verbindungen zwischen Orten, aus denen Schülerinnen und Schüler kommen und Auschwitz aufzuzeigen. Zwei Beispiele dazu finden sie unter www.judeninnordhessen.de.vu „Sind Melsunger Juden in Auschwitz umgebracht worden ?“ und „Gudensberg – Auschwitz, eine Spurensuche“...Weitere Themen, die die bisherigen Angebote von Gedenkstätten erweitern, beispielsweise Täterprofile, die stärkere Miteinbeziehung von Gegenwartsfragen, z.B. Migration. Antisemitismus oder Aspekte transnationaler Geschichte, beispielsweise bei Thema „Zwangsarbeiter“ sind weitere Möglichkeiten Gedenkstätten für Schulen interessant zu machen und rückläufigen Besucherzahlen entgegenzuwirken...Die bisherigen Erfahrungen in der Kooperation zwischen Gedenkstätten und Schulen sind positiv und haben vor allem gezeigt, dass das Interesse von Jugendlichen an Gedenkstättenbesuchen nach wie vor groß ist und solche Veranstaltungen angenommen werden. Dabei spielen vor allem eigenständige Konzeptionen und alternative Lern- und Arbeitsformen in den Gedenkstätten eine wesentliche Rolle. Dabei ist auch eine Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und Lehrern sowohl bei der Planung von Gedenkstättenbesuchen als auch bei der inhaltlichen Vermittlung bestehender oder neuer Konzeptionen wichtig, eine Aufgabe, die Gedenkstätten durch eigene Fortbildungsangebote leisten können. ..Zur Konzeption und zu Angeboten der Gedenkstätte Breitenau, auch mit weiteren Literaturhinweisen sei in diesem Zusammenhang auf die Homepage der Gedenkstätte verwiesen: www.gedenkstaette-breitenau.de...Hans-Peter K l e i n Melsungen, Nov.2007.