TikTok als Plattform für Bildung, Vermittlung und Kommunikation

Als 2020 die „POV Holocaust Challenge“ die Aufmerksamkeit auf die junge Kurzvideo-Plattform TikTok und ihre Content Creatorinnen lenkte, war das Interesse auch bei Gedenkstätten und Institutionen geweckt, die sich mit dem Thema Nationalsozialismus und Formen der Erinnerung in und auf dieser Plattform auseinandersetzen. 

Eines der Ergebnisse: Nach zehn Jahren Erfahrung in den sozialen Medien kommuniziert die KZ-Gedenkstätte Neuengamme seit Ende 2021 auch auf TikTok. Innerhalb von zwei Monaten folgten dem Account über 10.000 Personen. Das beliebteste Video wurde über eine halbe Million Mal angesehen. Jedes Video wird kommentiert – bis zu 350 Mal. Auf keiner anderen Social-Media-Plattform der Gedenkstätte werden so viele Menschen erreicht und ist die Community ähnlich aktiv.

Die Gedenkstätte will mit dem Account eine junge internationale Community erreichen, informieren, sensibilisieren, das Bewusstsein schärfen, die Sichtbarkeit und Relevanz des Themas Nationalsozialismus in der „Generation Z“ erhöhen und nicht zuletzt den Bekanntheitsgrad der KZ-Gedenkstätte Neuengamme stärken. Die Gedenkstätte nutzt TikTok, um darüber jungen Menschen einen Rahmen zum Nachdenken zu geben.

Um Jugendliche und junge Erwachsene über diese Plattform zu erreichen, ist es wichtig, sich mit der Bild- und Erzählsprache und den visuellen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, die die Plattform anbietet. TikTok kann so zu einem Werkzeug für digitales Storytelling und Dialog auf Augenhöhe werden. Neuengamme nutzt authentische, direkte Ansprache und postet personalisierte Inhalte. Als kommunizierende Personen vor der Kamera treten junge Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste auf. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf Objekte oder überschaubare Themen und kontextualisieren sie. Sie antworten auf Fragen mit Videos oder stellen selbst Fragen an die Community. Ausgangspunkt für den Inhalt der Kurzvideos ist die Frage, was die Community schon weiß (grundlegende Informationen) und wo sie überrascht werden kann ("unerzählte Geschichten"). Wo liegt das Interesse? Zusätzlich ging die Gedenkstätte für Inhalte Kooperationen ein mit einer erfolgreichen Content Creatorin und dem Young Committee der Amicale Internationale KZ Neuengamme.

Hilfreiche Unterstützung beim Launch des Accounts erhielt die Gedenkstätte von der „Shoah Education and Commemoration Initiative“ der Hebrew University Jerusalem. In der Fortbildung beschäftigen sich elf Institutionen und Gedenkstätten in Deutschland und Österreich intensiv mit den Möglichkeiten und Herausforderungen, TikTok für das Erinnern und Lernen über das Thema Nationalsozialismus zu nutzen und entwickelten Strategien für deren Nutzung für die (inter-)aktive Geschichtsvermittlung und neue digitale Formen der Erinnerung.

Wer viel Aufmerksamkeit erhält, erhält diese auch von anderer Seite: Die Gedenkstätte ist mit Kommentaren konfrontiert, die den Holocaust leugnen, relativieren, die rassistische und antisemitische Bemerkungen abgeben. Ständiges Monitoring und die Nutzung von Filtern ist essentiell, um Follower*innen ein sicheres Erlebnis zu bieten.

Das Ziel ist es, eine langfristige Community aufzubauen. Die Gedenkstätte möchte auf zeitgemäße Weise junge Menschen erreichen und in der digitalen Welt aktiv sichtbar sein. Die Herausforderung ist, eine angemessene, prägnante und gleichzeitig in der Community akzeptierte Form der Kommunikation zu finden.

Kontakt

Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte: Iris Groschek, iris.groschek@remove-this.gedenkstaetten.hamburg.de

TikTok Kanal der KZ-Gedenkstätte Neuengamme:
https://www.tiktok.com/@neuengamme.memorial
 

Screenshot der bereits verfügbaren TikToks
Behind the Scenes eines TikTok-Videos
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