Die Gründung der internationalen Fachgruppe IC MEMO

07/2023Gedenkstättenrundbrief 210, S. 128-135
Kirsten John-Stucke

Ende der 1990er-Jahre setzte sich Thomas Lutz als Leiter des Gedenkstättenreferats der Stiftung Topographie des Terrors gemeinsam mit Wulff E. Brebeck, dem damaligen Leiter des Kreismuseums Wewelsburg, für die Gründung einer internationalen Fachgruppe für Gedenkstätten im International Council of Museums (ICOM) ein. Die beiden hatten sich bereits in den Jahren zuvor zusammen mit weiteren Mitstreiterinnen und Mitstreitern vergeblich um einen bundesweiten Zusammenschluss der Gedenkstätten für die Opfer der NS-Verbrechen und der Stasi-Diktatur eingesetzt. Doch zu unterschiedlich waren die Standpunkte, Trägerschaften und Vermittlungsansätze, als dass es zu einer Einigung gekommen wäre. Dennoch sahen sie die Dringlichkeit, dass sich Gedenkstätten organisieren sollten, um von den gegenseitigen Erfahrungen zu profitieren und auch mit einem größeren Wirkungskreis öffentlich Stellung beziehen zu können. Da Thomas Lutz durch seine vielen bilateralen Verbindungen zu Gedenkstätten im Ausland und durch seine Arbeit in internationalen Gremien über sehr gute Kontakte verfügte, entstand die Idee, sich einer bestehenden internationalen Vereinigung anzuschließen, um ein eigenes Netzwerk zu gründen. Es wurden zunächst Gespräche mit der 1999 gegründeten »International Coalition of Historical Site Museums of Conscience« geführt, der allerdings keine Gedenkstätten aus Deutschland angehörten. Die Wahl fiel deshalb auf den internationalen Museumsverband ICOM, in dem eine eigene Fachgruppe für »Memorial Museums« eingerichtet werden sollte.

Durch die zunehmende Distanz zu den unmittelbaren Erfahrungen der Nazi-Verfolgung und den Übergang von der »kommunikativen« hin zur »kulturellen Erinnerung« sahen Thomas Lutz und Wulff E. Brebeck eine stärker werdende Musealisierung der Gedenkstätten und damit den Bedarf nach einem professionellen Austausch zwischen den Museumsfachleuten zur Aufbewahrung und Dokumentation der anwachsenden Sammlungsbestände, zu Restaurierungsfragen, zeitgeschichtlicher Archäologie und Ausstellungsdesign. Durch die Möglichkeiten des Internets ergaben sich vereinfachte Kommunikationswege zwischen den Gedenkstättenakteurinnen und -akteuren weltweit.[1]

Im Frühjahr 2000 fanden mehrere informelle Vorgespräche zwischen Thomas Lutz, Wulff E. Brebeck und weiteren Vertreterinnen und Vertretern von Gedenkstätten weltweit statt. Am 10. April trafen sich Wesley A. Fisher und David Marwell (US Holocaust Memorial Museum (USHMM), Washington), Avner Shalev (Yad Vashem, Israel), Tereza Świebocka (Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, Polen), Hans-Martin Hinz (Präsident von ICOM Deutschland) und Günter Morsch (Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen) mit Thomas Lutz und Wulff E. Brebeck in Berlin. Im Mai trafen sich Thomas Lutz und Kirsten John-Stucke (Kreismuseum Wewelsburg) mit dem damaligen Generalsekretär von ICOM, Manus Brinkmann, am Rande einer ICOM-Konferenz am Bodensee, um die Regularien für die Einrichtung einer Fachgruppe abzuklären. Während Wulff E. Brebeck mit der Erstellung eines Plädoyers beauftragt wurde, bemühte sich Thomas Lutz zusammen mit Jan Munk (Gedenkstätte Theresienstadt, Tschechien) und Volkhard Knigge (Gedenkstätte Buchenwald) darum, weitere Unterstützer für das Projekt zu finden.[2]

Am 31. Januar 2001 fand schließlich ein offizielles vorbereitendes Treffen zur Gründung der internationalen Fachgruppe in der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin statt, an dem neben Thomas Lutz und Wulff E. Brebeck 17 weitere Interessierte aus sieben Ländern teilnahmen. In dem Plädoyer für die Bildung eines »Internationalen Komitees« der »Historic Site Museums/Memorial Museums for Public Crimes against Humanity« im Rahmen des »Internationalen Museumsrates« (ICOM) werden Gedenkstätten definiert als »historical museums of a new type«.[3] Sie funktionierten als Museen mit einem großen Sammlungsbestand originaler Objekte und Ausstellungsbereichen, die den klassischen Museumsaufgaben Sammeln, Bewahren, Ausstellen, Forschen und Vermitteln nachgehen, gleichzeitig aber auch die besonderen Aufgaben des Gedenkens und der sozialen Kontaktpflege zu Opfern und ihren Angehörigen erfüllen: »Gedenkstätten an authentischen Orten sind nicht autonome Museen, was sie von historischen – auch zeitgeschichtlichen – Museen unterscheidet, sondern genuine Gedenkorte für die Opfer und ihre Angehörigen, Mahnmäler für die Wahrung menschlicher Grundrechte durch staatliche Ordnungen und Zeichen des Appells an jeden Menschen, jeder Inhumanität Widerstand zu leisten. Als solche sind sie Einrichtungen, die dem Prozess der Selbstvergewisserung der jeweiligen Gesellschaft über ihre humanitären Grundkonventionen dienen. Ihre Gebäude und Anlagen dokumentieren die Durchführung der Verbrechen. Vielfach finden sich Friedhöfe oder Leichen- bzw. Aschefelder auf den Geländen oder in der Nähe. Künstlerisch und architektonisch gestaltete Mahnmäler und Anlagen kommen in der Regel hinzu, wie mancherorts Sakralbauten. In der Umgebung dieser Museen finden gesellschaftliche Rituale und Manifestationen statt. […] Bei den »Historischen Museen neuen Typs« besitzt diese [Vermittlungsarbeit] ein größeres Gewicht als im herkömmlichen Selbstverständnis vieler Museen. Es gibt eine psychosoziale Komponente durch die Arbeit mit Überlebenden; die Intentionen der Bildungsarbeit sind von moralischen Impulsen geprägt und stärker auf die gesellschaftliche Gegenwart bezogen als es bei historischer Vermittlung gemeinhin üblich ist. […] Ihr Widmungszweck ist das Gedenken an die Opfer staatlich-gesellschaftlich verursachter, ideologisch motivierter Verbrechenskomplexe. […] Sie verstehen sich als Mahnmäler zur Wahrung menschlicher Grundrechte.«[4]

Diese Definition wurde von den Teilnehmenden intensiv diskutiert. Zahlreiche Stellungnahmen konzentrierten sich auf den Begriff »Memorial Museums for Public Crimes against Humanity« und was darunter genau zu fassen sei. Auch wurde sich gegen die Historisierung und Musealisierung von Gedenkstätten ausgesprochen und befürchtet, dass eine ICOM-Fachgruppe propagandistisch missbraucht werden könne. Trotz vieler Bedenken befürwortete letztlich die Mehrheit der Anwesenden den Versuch, eine ICOM-Fachgruppe für Gedenkstätten zu gründen.[5] Eine Arbeitsgruppe bereitete die notwendigen Unterlagen inklusive Satzung für eine Fachgruppen-Neugründung vor. Am 20. April 2001 erfolgte die offizielle Anmeldung beim ICOM-Generalsekretariat. Am 3. Juli 2001 konnte schließlich im Rahmen der ICOM-Generalkonferenz in Barcelona (Spanien) das Fachkomitee mit dem endgültigen Titel »International Commitee for Memorial Museums for the Remembrance of Victims of Public Crimes« (IC MEMO) gegründet werden. Thomas Lutz wurde von den zehn anwesenden Gründungsmitgliedern zusammen mit Jan Munk zum zweiten Vorsitzenden gewählt, Wulff E. Brebeck übernahm den Vorstandsvorsitz. Jan Erik Schulte (Kreismuseum Wewelsburg) wurde Sekretär und Schatzmeister, Bettina Bouresh (Archivamt Landesverband Rheinland) und Klaus Müller (USHMM) wurden Beisitzer. Thomas Lutz behielt seine Aufgabe als zweiter Vorsitzender über zwei Wahlperioden bis zur Generalkonferenz in Wien im Jahr 2007 und wechselte dann ins »Advisory Board«, da laut Satzung eine weitere Verlängerung des Vorstandsamtes ohne Unterbrechung nicht möglich war.[6] Von 2016 bis 2019 übernahm er noch einmal die Funktion des zweiten Vorsitzenden, seitdem füllt er wieder die Rolle des beratenden Vorstandsmitglieds im »Advisory Board« aus.

Die Organisation und Durchführung von Konferenzen zum gegenseitigen inhaltlichen Austausch gehörten von Anfang an zu den wichtigsten Aufgaben des neuen Zusammenschlusses. Schon im ersten Jahr des Bestehens gelang es Thomas Lutz aufgrund seiner bereits bestehenden guten Kontakte zu internationalen Gedenkstättenakteurinnen und -akteuren im November 2001 eine Tagung in Berlin zu organisieren, die den Titel trug »On the Way towards Europe? Memorial Museums Facing New Challenges«. Ein Jahr später, im Oktober 2002 beteiligte sich IC Memo an der Jahreskonferenz von ICOM Deutschland, die auf Einladung von ICOM Polen in Warschau stattfand. Die erste internationale Tagung, bei der IC MEMO zusammen mit dem Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung, Braunschweig, eine bedeutende Funktion als Co-Organisator übernahm, war die Genozid-Konferenz vom 12. bis 15. März 2003 in Berlin mit dem Titel »Learning and Remembering: The Holocaust, Genocide and State Organized Crime in the Twentieth Century«.[7] Durch die bestehenden Beziehungen von Thomas Lutz und der Stiftung Topographie des Terrors zum Auswärtigen Amt der Bundesrepublik wurden beträchtliche Zuschüsse eingeworben, mit denen über 30 Referierende eingeladen werden konnten. Nicht nur die über 150 Teilnehmenden aus Europa, Asien, Afrika sowie Nord- und Südamerika machten die internationale Ausrichtung der Konferenz deutlich, sondern auch die breite Themenauswahl zur Genozidforschung. Neue, vergleichende Sichtweisen auf Völkermorde und Gewaltverbrechen, die Vielzahl der Arbeitsfelder der Beteiligten und die Präsentation der vielfältigen Schauplätze von Terror und Verbrechen ließen die Konferenz zu einem Meilenstein in der Genozidforschung werden. Die im Anschluss an die Konferenz stattfindende Mitgliederversammlung von IC MEMO zählte 18 Mitglieder und sechs Gäste aus acht Ländern und drei Kontinenten.

Mit der Teilnahme von IC MEMO an der ICOM-Generalkonferenz in Seoul im Jahre 2004 beschritt das Fachkomitee neue Wege. Zum einen folgte es dem Ziel des Internationalen Museumsverbands, mit der Konferenz in Asien neue Mitglieder auf dem asiatischen Kontinent zu gewinnen. Das Fachkomitee IC MEMO war nach den ersten Jahren der Konsolidierung vor allem auf das Gedenken an die Opfer des Holocaust und der NS-Verbrechen im europäischen Umfeld beschränkt gewesen. Nun wollte der Vorstand neue Perspektiven eröffnen und weitere Gedenkstätten für Opfer staatlicher Gewalt für das Fachkomitee gewinnen, um dem Anspruch eines internationalen Komitees auch wirklich gerecht zu werden. Zum anderen kooperierte IC MEMO erstmalig mit ICOMAM, dem Fachkomitee für Armee- und Militärmuseen, die sich zunehmend auch der sozialgeschichtlichen Dimension von Kriegsgeschehen und moralischen Aspekten des Krieges widmen und eine Zusammenarbeit ermöglichten.[8]

Die Konferenz vom 4. bis 10. Oktober 2004 in Seoul beschäftigte sich mit dem Vergleich der unterschiedlichen Erinnerungskulturen in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg und Völkermord in Europa und Asien, hier vor allem Südkorea und Japan. Die unterschiedlichen Entwicklungen der Nachkriegsgesellschaften und daraus resultierende Verdrängungsmechanismen wurden thematisiert. Thomas Lutz stellte die Gründung und Entwicklung der Stiftung Topographie des Terrors vor. Im Vorfeld der Generalkonferenz waren Thomas Lutz und die weiteren IC MEMO-Vorstandsmitglieder Wulff E. Brebeck, Jan Munk und Vojtěch Blodig (beide Terezín) von Julie Higashi (ICOM Japan) nach Kyoto eingeladen worden. Dort besuchten sie das Friedensmuseum in Hiroshima und das Holocaust-Center in Fukujama, was auch in den dortigen Tageszeitungen veröffentlicht wurde. Am Ende der Reise wurde Thomas Lutz von einer Initiative, die ein Museum für »Comfort Women« (Frauen aus Korea, China und anderen Staaten, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsprostituierte in Bordelle für japanische Soldaten arbeiten mussten)[9] nach Tokio eingeladen und in einer Kultursendung des öffentlichen japanischen Fernsehens zur Erinnerungskultur und Entschädigungspraxis in Deutschland interviewt.[10]

2005 wurde IC MEMO von Iratxe Momoito, Vorstandsmitglied und Direktorin des »Museo de la Paz« in Gernika (Spanien), dorthin zu einem Internationalen Kongress der Friedensmuseen eingeladen und erhielt dadurch die Möglichkeit, sich mit den weltweit vernetzten Friedensmuseen auszutauschen. Weitere Mitglieder schlossen sich dem Fachkomitee an. 2007 bei der Generalkonferenz in Wien zählte die Mitgliederversammlung bereits 58 Mitglieder aus 21 Ländern.

IC MEMO war nicht nur an dem fachlichen Austausch im Rahmen von gemeinsamen Konferenzen oder Tagungen interessiert, sondern entwickelte 2003 auch ein internationales Austauschprogramm für zwei- bis dreimonatige Stipendien an Gedenkstätten in Deutschland, das von der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« gefördert werden sollte. Besonderen Eindruck hinterließ Oribe Cures aus Montevideo (Uruguay), mit dem der internationale Austausch gestartet wurde. Er nahm 2003 in Berlin an der Genozid-Konferenz teil und besuchte anschließend mehrere Gedenkstätten in Deutschland.[11] Da sich allerdings erhebliche Schwierigkeiten ergaben, junge Kandidatinnen und Kandidaten für das Austauschprogramm zu finden, wurde das Programm 2005 eingestellt.

Zu den weiteren Aufgaben von IC MEMO gehört die Lobbyarbeit für die Gedenkstätten, die sich in den ersten Jahren stark auf Deutschland konzentrierte. So beschäftigte sich der Vorstand 2004 mit einer parlamentarischen Initiative der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, die das Gesetz zur Gedenkstättenförderung zu Ungunsten der Gedenkstätten für NS-Verbrechen ändern wollte. Der Vorstand protestierte zusammen mit internationalen Vertretungen erfolgreich gegen diese Pläne.

Weitaus schwieriger gestaltete sich die Idee, mittels einer deutschsprachigen Sektion innerhalb des internationalen Fachkomitees den Gedenkstätten in deutschsprachigen Ländern und Regionen einen eigenen Zusammenschluss zu bieten. Diese Idee griff das eingangs erwähnte Vorhaben auf, eine eigene Vertretung für die Gedenkstätten in Deutschland zu gründen. Der damalige ICOM-Generalsekretär John Svereff unterstützte die Idee ebenso wie das deutsche ICOM-Nationalkomitee, das traditionell eng mit den Komitees in Österreich und der Schweiz zusammenarbeitet. Thomas Lutz als Gedenkstättenreferent der Topographie des Terrors und zweiter Vorsitzender von IC MEMO und Wulff E. Brebeck als Präsident des Fachkomitees luden zu einem Vorbereitungstreffen am 22. Juni 2007 zur Gründung einer deutschsprachigen Sektion nach Breitenau ein, an dem 13 Personen, unter anderem Dr. Peter Fischer (Zentralrat der Juden in Deutschland), teilnahmen. Thomas Lutz betonte in seinem Plädoyer die Offenheit des Fachkomitees IC MEMO für alle Gedenkstätten, auch wenn diese zu unterschiedlichen Formen von staatlicher und gesellschaftlicher Gewalt arbeiteten. Ein Vorteil der deutschsprachigen Sektion könne die weitergehende Verständigung zwischen den Erinnerungskulturen in West und Ost sein, auch könne man von den transnationalen Beziehungen zwischen Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg und deutschsprachigem Belgien profitieren. Weiterhin wurde bedacht, dass ehrenamtliche Initiativen, die nicht Mitglied bei ICOM werden können, über ein Delegiertensystem im Museumsverband mitarbeiten könnten. Die Mehrheit der Anwesenden befürwortete die Initiative und berief einen Arbeitsausschuss, der die Verfahrensordnung für die Sektion vorbereiten sollte. Die Gründung einer deutschsprachigen Sektion scheiterte im Folgenden allerdings erneut an den unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorstellungen der Gedenkstätten und -initiativen in Deutschland.

 

Wo steht IC MEMO heute?

Das Scheitern der deutschsprachigen Sektionsgründung war kein Hindernis für die erfolgreiche Weiterentwicklung des internationalen Fachkomitees. Nach den ersten sechs Jahren Basisarbeit mit starker Fokussierung auf Europa hatte das Komitee einen sicheren Stand in der internationalen Gedenkstättenlandschaft für Opfer von staatlicher Gewalt erlangt und konnte sich als echtes internationales Netzwerk ausweiten. Wurden 2016 auf der Generalkonferenz in Mailand 125 Mitglieder gezählt, stieg die Zahl bis März 2023 auf 331 individuelle und 74 institutionelle Mitglieder weltweit an. Auch die Besetzung des aktuellen Vorstands ist mit Mitgliedern aus Nordamerika, Afrika, Asien und Europa international aufgestellt.[12] Durch seine langjährige und beständige Vorstandsarbeit als zweiter Vorsitzender und Mitglied des »Advisory Boards« übernahm Thomas Lutz in den vergangenen mehr als zwanzig Jahren eine prägende Rolle im sich stets weiterentwickelnden internationalen Fachkomitee für »Memorial Museums«.

Die jährlich stattfindenden Mitgliederversammlungen werden ergänzt durch weitere Konferenzen, die in Kooperationen mit zahlreichen anderen ICOM-Fachkomitees und Universitäten weltweit organisiert werden. 2017 fand eine Kooperationstagung zu den Themen Sklaverei und Menschenrechte mit ICOM USA (ICOMUS) und anderen Verbänden in Cincinnati, Ohio und Washington, D.C. statt. 2018 traf sich IC MEMO auf Einladung von ICOM Israel und dem israelischen Bildungsministerium in Yad Vashem und Massuah. 2019 fand die Mitgliederversammlung im Rahmen der Generalversammlung von ICOM in Kioto (Japan) statt. Ein Teil der IC MEMO Mitglieder konnte die Reise mit dem Besuch einer Konferenz im Tuol Sleng Genozid Museum in Phnom Penh, Kambodscha verbinden.

In den Konferenzbeiträgen diskutiert IC MEMO aktuell darüber, dass die Menschenrechte weltweit missachtet und verletzt werden und Menschen aufgrund ihrer Einstellungen, Religion, Herkunft und ihres Geschlechts verfolgt werden. IC MEMO hält es für eine wichtige Voraussetzung zur Vermeidung von zukünftigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sich der Wichtigkeit der Menschenrechte bewusst zu werden. Die Wahrung der Menschenrechte als Ziel von IC MEMO wurde schon in den Gründungspapieren des Fachkomitees (Plädoyer und Satzung) festgeschrieben. Es soll nun noch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden, indem das Komitee ausdrücklich auch für »Human Rights Museen« geöffnet und der Begriff »Human Rights« mit in den Namen aufgenommen werden soll (»The International Committee of Memorial & Human Rights Museums«).[13] Auf den nächsten Konferenzen wird sicher über Kooperationen und gemeinsame Ziele diskutiert werden. Man wird sehen, in welche Richtung sich das rege Komitee entwickeln wird.

Kirsten John-Stucke ist die Leiterin des Kreismuseums Wewelsburg und seit 2022 Beiratsmitglied im Vorstand von IC MEMO.

 

[1]    Wulff. E. Brebeck: What is IC MEMO?, in: Fundación Museo de la Paz de Gernika (Hrsg.): Museums for Peace: A Contribution to Remembrance, Reconciliation, Art and Peace, Gernika 2006, S. 406–421.

[2]    Ebd.

[3]    Plädoyer in letzter Fassung vom April 2001, englische Fassung: Plea for the creation of an International Committee of Historic Site Museums/Memorial Museums for Public Crimes against Humanity within the scope of the International Council of Museums (ICOM) (abgerufen am 7. 3. 2023).

[4]    Ebd.

[5]    Jan-Erik Schulte: Vorbereitende Sitzung zur Gründung einer Fachgruppe für Gedenkstätten im International Council of Museums. Ein Kurzbericht, in: GedenkstättenRundbrief 99 (2/2001), S. 33 f.

[6]    Satzung, s. icmemo.mini.icom.museum/wp-content/uploads/sites/17/2019/01/rulesIC_MEMO.pdf (abgerufen am 7. 3. 2023).

[7]    Wulff E. Brebeck: Genocide – a Subject for Museums? in: ICOM News. Newsletter of the International Council of Museums 57 (2004), Nr. 3, S. 12.

[8]    Eine weitere Kooperation mit ICOMAM fand 2016 während der Generalkonferenz in Mailand statt.

[9]    2005 wurde das »Women’s Active Museum on War and Peace« in Tokio eröffnet.

[10]  Wulff E. Brebeck, Thomas Lutz: NS- und Kriegsverbrechen: ihre Rezeption in Europa und Ostasien seit dem 2. Weltkrieg, in: ICOM Deutschland-Mitteilungen, 2005, S. 31–34.

[11]  Oribe Cures starb wenige Wochen nach seinem Austauschaufenthalt in seiner Heimat, siehe der Nachruf von Bettina Bouresh: Our Man in Montevideo: In Memoriam Oribe Cures, Honorary Member, IC MEMO, in: Newsletter Memorial Museums, Nr. 2/2005, S. 10.

[12]  Vorsitzende: Wulff E. Brebeck, Deutschland (2001–2007), Voitěch Blodig, Tschechien (2007–2010), Jon Reitan, Norwegen (2010–2013), Karen Franklin, USA (2013–1016), Ophelia Leon, Großbritannien (2016–2022); Jane Klinger, USA (2022–2025).

[13]  Die Mitgliederabstimmung für Eingliederung der Menschenrechtsmuseen in das Fachkomitee IC MEMO lief bis zum 26. März 2023, mit positivem Ergebnis.