Editorial

09/2023Gedenkstättenrundbrief 211, S. 3-4
Thomas Lutz

Liebe Leserschaft,

mit diesem GedenkstättenRundbrief gebe ich die Verantwortung für die Redaktion ab.

Der GedenkstättenRundbrief begleitet meine gesamte Tätigkeit als Gedenkstättenreferent. Entstanden ist er 1983 im neuen Gedenkstättenreferat der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., das ich im Januar 1984 übernommen habe. Mit dem Rundbrief und allen weiteren Tätigkeiten zur Vernetzung der Gedenkstätten bin ich im Februar 1993 zur sich in Gründung befindenden Stiftung Topographie des Terrors gewechselt.

Der GedenkstättenRundbrief ist eine zentrale Säule der Vernetzungstätigkeit des Gedenkstättenreferats. Er ist so konzipiert, dass er Gedenk- und Dokumentationsstätten sowie Initiativen die Möglichkeit gibt, sich einem größeren Publikum vorzustellen und Diskussionen anzuregen. Beiträge zur Entwicklung der Gedenkstätten, von der Pädagogik bis zur Geschichtspolitik, haben den Rundbrief ergänzt. Von Beginn an sind die Servicekapitel Veranstaltungen und Literatur im Rundbrief enthalten.

Ich danke allen Autorinnen und Autoren, die seit vier Jahrzehnten durch ihre Beiträge zum Gelingen dieses Publikationsprojektes beigetragen haben!

Der Rundbrief ist zugleich immer im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten des Gedenkstättenreferats zu sehen, die den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Gedenkstätten fördern. Dazu zählen die bundesweiten Gedenkstättenseminare; im Juni 2023 hat es zum 67. Mal stattgefunden. In unzähligen Tagungen und Studienreisen, auch im internationalen Zusammenwirken, sind wichtige Themen aufgegriffen und weiterentwickelt wurden. Hinzu kommen vielfältige weitere Aktivitäten zur Unterstützung und Vernetzung mit Hilfe von individuellen Beratungen, die Initiierung und Betreuung von Arbeitsgruppen über Jahrzehnte, in Gremiensitzungen sowie durch Vorträge und Veröffentlichungen in Deutschland und weit darüber hinaus.

Rückblickend erinnere ich mich an viele aus heutiger Sicht skurrile Tätigkeiten bei der Erstellung des GedenkstättenRundbrief: Die ersten Rundbriefe habe ich mit Fixogum zusammengeklebt und anschließend auf einen Kopierer mit gewölbter Scheibe vervielfältigt. Auch den Versand habe ich zu Beginn eigenhändig vorgenommen. In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre entstehen immer mehr Texte auf Computern und werden per Diskette, später über das Internet, geliefert. Der Satz des Rundbriefs ist seither wesentlich einfacher. Druck und Versand führt in diesen Jahren die Druckerei der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. in Beienrode durch.

Ein riesengroßer Qualitätssprung ist mit der Ausgabe 75 zu sehen. Seither wird der GedenkstättenRundbrief von Kurt Blank-Markard gestaltet. Zunächst werden die Abbildungen schwarz-weiß, seit der Ausgabe 189, der Jubiläumsnummer zum 25-jährigen Bestehen des Gedenkstättenreferats in der Stiftung, in Farbe gedruckt.

Ich finde es erstaunlich, dass sich das Konzept des GedenkstättenRundbrief über 40 Jahre hält. 750 Abonnements des Rundbriefs werden versandt, ein kleinerer Teil davon auch ins Ausland. Im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung berichten mir immer wieder Lesende, dass sie sich über die Printausgabe erfreuen. Ich selbst freue mich besonders, wenn ich in Dissertationen oder anderen wissenschaftlichen Publikationen Hinweise darauf finde, dass der Rundbrief als Quelle genutzt wird. Gerade bei den Arbeiten der Studierenden wird deutlich, dass sie als Quelle zunehmend auf die Online-Ausgabe und die einzelnen Artikel, die alle über das GedenkstättenForum abrufbar sind, zurückgreifen.

Wenn es gelingt, die nötigen Mittel dafür einzuwerben und das Personal im Gedenkstättenreferat, das bisher nur befristet angestellt ist, zu halten, sind in Zukunft weitere Verbesserungen vorstellbar. Redaktionell könnte man bestimmte inhaltliche Debatten noch besser voranbringen. Es könnten Beiträge aus dem Rundbrief besser in den sozialen Medien platziert werden. Angesichts der weltweiten Entwicklung der Gedenkstätten an die Opfer der NS-Verbrechen mit Schwerpunkt auf dem Holocaust wäre auch daran zu denken, eine eigene englischsprachige Ausgabe zu erstellen.

Ich freue mich, dass meine Nachfolgerin Dr. Julana Bredtmann im Mai 2023 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Neben der langjährigen Koordinationstätigkeit in der International Holocaust Remembrance Association, die von den zusammenarbeitenden Partnern mindestens so differenziert ist, wie die Gedenkstättenlandschaft in Deutschland, ist ihre Dissertation »Entnazifizierung in Berlin« nahe an dem neuen Aufgabenfeld. Nach zwei Monaten gemeinsamer Zeit für Einarbeitung und inhaltliche Diskussionen über die Fortsetzung der vielfältigen Tätigkeiten des Gedenkstättenreferats bin ich sehr zuversichtlich, dass sie die Bedeutung des GedenkstättenRundbrief wertschätzt und ihn nicht nur sehr gut betreuen, sondern auch weiterentwickeln wird.

 

Dr. Thomas Lutz, Historiker, Politikwissenschaftler und Geschichtsdidaktiker, ging am 30. Juni 2023 in den Ruhestand.