Thomas Lutz und das Dokumentationszentrum NS‑Zwangsarbeit

Oder: Wen fragt man? Man fragt Thomas Lutz
07/2023Gedenkstättenrundbrief 210, S. 111
Daniela Geppert

Wir waren viele und engagierten uns für die Einrichtung eines Erinnerungsortes auf dem Gelände eines ehemaligen Lagergeländes von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Berlin-Schöneweide. Wir hatten schon einiges erreicht, aber nun sollte aus dem Projekt eine Institution werden.

Und damit kamen die Fragen: Wie verschafft man unserem Anliegen mehr Gewicht? Wie gewinnt man Unterstützer und Unterstützerinnen in der Politik? Wo bekommt man Förderung? Wen fragt man? Na ja, wen fragt man! Man fragt Thomas Lutz. Zu unserer großen Freude fand Thomas unser Projekt überzeugend. Von ihm stammen die wertvollen Hinweise, dass wir mehr Öffentlichkeit schaffen müssen, um den Ort bekannter zu machen, dass wir einen Förderverein gründen sollten, um mehr Gehör zu finden. Und vor allem das Alleinstellungsmerkmal sehr klar kommunizieren müssten, um förderwürdig zu werden: Das Gelände sollte DER Erinnerungsort für die Gruppe der zivilen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter werden. Das gab es noch nicht in der deutschen Gedenkstättenlandschaft. Und dann sprach Thomas mit dem damaligen Stiftungsdirektor Andreas Nachama, der Interesse an diesem einmaligen Ort zeigte. Und Thomas sprach mit der Politik, konnte das Thema im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses platzieren. Dieser sprach sich für die Einrichtung eines Erinnerungsortes aus. Ein internationaler Beirat wurde gegründet, Thomas Lutz stellte den Förderantrag für die Finanzierung, wusste die Beiräte und Beirätinnen zu benennen, organisierte die Sitzungen und schärfte dabei das entstehende Konzept für den Ort und die Erinnerungsarbeit. Am Ende des Etablierungsprozesses entschied die Berliner Politik, dass das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit von der Stiftung Topographie des Terrors betreut werden solle. 2006 öffneten sich die Tore des Dokumentationszentrums für die ersten Besucherinnen und Besucher. Thomas war Wegbegleiter und ein Stück weit Geburtshelfer.

Daniela Geppert war Mitglied des Fördervereins für ein Dokumentations- und Begegnungszentrum NS-Zwangsarbeit und ist heute wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin des Bildungsprogramms am Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit.