Der „Platz des Unsichtbaren Mahnmals“ mit „2146 Steine –Mahnmal gegen Rassismus“ liegt nicht nur auf dem Schlossplatz Saarbrücken. Das 1990 an der Hochschule der Bildenden Künste Saar von dem Konzeptkünstler Jochen Gerz während seiner Zeit als Gastprofessor begonnene Projekt lag auch im Schnittpunkt von Politik, Gesellschaft und Kultur seiner Entstehungszeit.
Mit der Einweihung des Platzes am 23. Mai 1993 endete eine drei Jahre währende Arbeitsphase von acht Studierenden. Was mit den von Jochen Gerz in das Projekt eingebrachten zwei Stichworten „Abwesenheit“ und „Faschismus“ begann, entwickelte sich in der Gruppe der Studierenden als Lernprozess entlang des Verfahrens von Versuch und Irrtum zu einer Arbeit für den öffentlichen Raum und einem Markstein der Erinnerungskultur nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Der erste Plan, Bruchstücke von jüdischen Grabsteinen heimlich einem Platz in Saarbrücken einzuarbeiten, verschwand mit der Einsicht, dass jüdische Friedhöfe für die Ewigkeit sind und nie aufgegeben werden. Alsdann entschied die Gruppe, anstelle der Steine die Namen der Friedhöfe auf Pflastersteine einmeißeln zu lassen. Dafür nahmen sie Kontakt mit den jüdischen Gemeinden in Deutschland auf. Anstelle von Zeichenstift und Staffelei waren dabei das Telefon, das Fax und der damals noch rare Computer als Werkzeug gefragt. Die Gruppe legte Listen mit Friedhofsnamen an. Je länger diese wurden, desto dringlicher wurde die Frage nach der Öffentlichkeit und der Legalisierung. Denn der zu erwartenden Mengen von Steinen war mit heimlichen Entnahmen und Austauschen in der Nacht nicht mehr beizukommen.
Nun war Jochen Gerz daran, bei der Landesregierung um Unterstützung einzukommen. Diese hatte schon mit der Gründung der Hochschule der Bildenden Künste Saar auf den Imagewandel weg von Kohle und Stahl hin zu Bildung, Kreativität, neuen Technologien und Medien gesetzt. Ein Projekt wie dieses, versehen mit dem Namen eines international anerkannten Künstlers, war eine Chance, national sichtbar zu werden. Der politische Wille bot daher Geld und Autorität auf. Die damaligen Mehrheitsverhältnisse im Land wie im damaligen Stadtverbandstag erlaubten es, die Zivilgesellschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die notwendige Kritik des Parlaments und der Öffentlichkeit, die gerne von Anfang stärker hätten beteiligt sein wollten, wurde als Ausdruck der Weigerung, sich mit der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen und damit als Kritik an dem Mahnmal abgetan. Das war unangemessen, weil es verkannte, dass Kontroversen zur Demokratie gehören. Das Projekt „2146 Steine – Mahnmal gegen Rassismus“ bot Raum für Kommunikation und Kritik jedweder Art: an der Regierung, an dem Kommunikations- und Regierungsstil des Ministerpräsidenten, an der Kunst und der Erinnerungskultur an sich. Es entstand als bloßes als Konzept aus Worten von Jochen Gerz. Die Studierenden gaben ihm mit ihrer besonderen Form der Öffentlichkeitsarbeit eine Gestalt. Die Politik setzte es trotz Widerworten durch. Die Zivilgesellschaft nutzt es, wenn sie den Schlossplatz betritt. Das Historische Museum Saar hält es auf seiner Internetseite lebendig.