Todesmärsche im April 1945

Sammelband
2. Juni 2022

Klappentext

Es sind die letzten Apriltage des Jahres 1945. Der Krieg befindet sich in der Endphase. Es herrscht allgemeines Chaos. Die Einheiten der deutschen Wehrmacht und der SS befinden sich auf dem Rückzug. Unzählige Menschen sind auf der Flucht und suchen verzweifelt einen Ort, der Sicherheit verspricht. Zivilpersonen, Ausgebombte, versprengte Wehrmachtsangehörige, entflohene Fremd- und Zwangsarbeiter, Teile der in Münsingen und auf dem Heuberg stationierten Wlassow-Armee, Männer der Organisation Todt, Funktionäre der NSDAP, zum Teil mit ihren Familien. Dazwischen Kolonnen von ausgemergelten Männern, in blau-weiß-gestreifter Kleidung, brutal vorwärtsgetrieben von bewaffneten Wachmännern und deren Hunde. Wer nicht mehr kann und erschöpft liegen bleibt, stirbt durch Genickschuss. Die Toten bleiben am Straßenrand liegen oder werden hastig notdürftig verscharrt. Es handelt sich um Häftlinge aus den „Wüste“ KZ Lagern, die eingerichtet wurden, um am Nordrand der Schwäbischen Alb, aus Ölschiefer, den für den Kriegsverlauf dringend notwendigen Treibstoff zu erzeugen. Auch Häftlinge aus dem KZ Spaichingen sind darunter. Laut Befehl des Reichssicherheitshauptamtes (RSH) wurden die KZ-Lager kurz zuvor geräumt. Kein Häftling sollte lebend in die Hände der vorrückenden Alliierten fallen. Als Ziel für diese Kolonnen war zuerst das KZ Dachau vorgegeben. Wegen des immer weiteren Vorrückens der Alliierten Truppen wurde letztlich als Ziel die sogenannte Alpenfestung bestimmt.

Nur noch spärliche Spuren zeugen heute von diesen „Todesmärschen“. Wenige einzelne Grabstellen an der Straße und etliche Sammelgräber oder Erinnerungstafeln auf Friedhöfen erinnern an unbekannte Kriegsopfer, geben aber zumeist keine Auskunft über die Personen und die Umstände ihres Todes. Durch beharrliches Suchen in Archiven, wie auch nach Spuren vor Ort in Gemeinde- und Kirchenunterlagen und durch Gespräche mit Personen, die noch selbst Augenzeugen der damaligen Ereignisse gewesen waren, konnten wir den Verlauf dieser „Todesmärsche“ nachvollziehen. Eine wertvolle Hilfe waren die Erinnerungen von überlebenden Häftlingen aus verschiedenen Ländern.

Mit dieser Arbeit konnten wir namenlose, nur auf ihre KZ-Nummer reduzierte Häftlinge, wieder als Menschen sichtbar machen. Einige, der bis dato als „unbekannter Toter“ Aufgeführten, konnten wir identifizieren und ihnen ihre Namen zurückgeben. Damit war es möglich Lebenswege und Schicksale nachzuvollziehen.

Über die Autoren

Gertrud Graf, geb.1953, seit 1985 baute sie den Kontakt zu den Überlebenden der „Wüste“-Lager und deren Angehörigen auf und pflegt ihn bis heute. 1987 Gründungsmitglied und langjährige Vorsitzende der Initiative Gedenkstätte Eckerwald. Maßgeblich beteiligt an der Verwirklichung des „Gedenkpfades Eckerwald“ und des „Lernorts der Geschichte in Schömberg“. Mitglied des Sprecherrates der LAGG Baden-Württemberg und aktiv tätig für das Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben.

Eugen Michelberger, geb 1942, lebt und arbeitet in Oberschwaben, befasst sich seit vielen Jahren mit historischen Recherchen aus der Region und deren Dokumentation in Wort und Bild. Schwerpunkt sind die Geschichte der „Wüste“-Lager, des KZ Spaichingen und der Todesmärsche aus diesen Lagern. Aktiv tätig beim Denkstättenkuratorium NS Dokumentation Oberschwaben.

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