Albträume eines Deportierten. Bilder von Pierre Fertil

Ausstellungseröffnung
24. April 2010
16:00 - 00:00 Uhr
Ort: KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Veranstalter: KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Eine Ausstellung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme,

 in Zusammenarbeit

mit der Amicale de Neuengamme, Frankreich



Ausstellung vom 24.4.2010  bis  4.7.2010


Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme präsentiert erstmals in Deutschland in der Ausstellung „Albträume eines Deportierten“, über 50 Bilder auf denen der Mediziner Dr. Pierre Fertil versucht, seine Zeit als Häftling im Konzentrationslager zu verarbeiten.


Pierre Fertil wurde am 10. Februar 1923 in Moisdon-la-Rivière im Département Loire-Atlantique (Bretagne) geboren und lebt heute in der Gegend von Nantes.


Als Student wurde Fertil 1944 in der Bretagne verhaftet und im Juli in das KZ Neuengamme gebracht. Im Außenlager in Bremen-Blumenthal war er zur Produktion von U-Boot-Teilen eingeteilt.

Die Eindrücke seiner Fahrt in einem „Todeszug“ sowie die grausamen Lebensumstände im Auffanglager Sandbostel, in denen im April 1945 Tausende von KZ-Häftlingen aus dem KZ Neuengamme und seinen Außenlagern eintrafen und in dem es an allem mangelte, begleiten Fertil ein Leben lang: „Das Unbewusste bohrte in mir. Jede Nacht träumte ich von dem Schrecken in den Lagern…“


Um mit den Träumen und Bildern, die ihn heimsuchen, fertig zu werde, entwickelt Fertil eine eigene Strategie. Er zeichnet. „Ich malte auf allem, was sich in Reichweite befand: Zeitungen, Rezeptformulare. Das war meine eigene Therapie. Anschließend verbrannte ich alles.“

Jahrelang erfährt so niemand, was Pierre Fertil mit Zeichenkreide und Pastellfarben aufs Papier bannt. 1998 entdeckt Pierre Billaux, ebenfalls ein ehemaliger Häftling des Außenlagers Blumenthal, einige der Zeichnungen.

Billaux gelingt es, Fertil zu überzeugen, seine Bilder nicht länger zu vernichten, da sie ein wichtiges Zeugnis über die Erfahrungen der Deportation und das Weiterleben der Erinnerungen darstellen. Fertil übergibt eine erste Sammlung seiner Bilder an das Regionalarchiv in Caen, wo sie im November 2007 zum ersten Mal ausgestellt werden.

2008 folgen weitere Ausstellungen in Plonévez-Porzay und Vertou.

„Diese Anerkennung, die ich nicht gesucht habe, hat mich befreit. Ich habe fast keine Albträume mehr! So als ob ich, unbewusst, ein Ziel erreicht hätte. Mir scheint es so, als ob meine Zeichnungen farbiger geworden sind, mehr dem Schönen meiner Umgebung zugeneigt sind.“


Ein Motiv beherrscht die Zeichnungen: das Sterben und der Tod der Häftlinge im Konzentrationslager. Die von Pierre Fertil gezeichneten Menschen bleiben dabei gesichtslos,

sie haben keine eigene Identität – sie stehen für die Masse der namenlosen KZ-Häftlinge.


Pierre Fertil stellt  meistens Situationen dar, die er selbst nicht erlebt hat, über die er nur von anderen ehemaligen Häftlingen gehört oder über die er gelesen hat, die aber für ihn der Inbegriff des Leidens und Sterbens der Häftlinge sind.

„Wir Überlebenden der Lager haben die Pflicht, daran zu erinnern (devoir de mémoire). Obwohl es für das, was wir erlebt haben, keine Worte gibt. Ehemalige Häftlinge haben als Schriftsteller darüber geschrieben, Filme ermöglichen es, etwas besser zu verstehen…“


In dieser Ausstellung sind neuere Arbeiten zu sehen, die in ihrer Eindringlichkeit, so schrieb die ehemalige Präsidentin des Europäischen Parlaments, die französische Auschwitz-Überlebende

Simone Veil, als „wahre Anthologie der Lager“ mehr aussagen, als mündliche Berichte oder historische Abhandlungen.




Die Ausstellung entstand aufgrund der großen Unterstützung von Janine Grassin, der Präsidentin der Amicale de Neuengamme, und in Zusammenarbeit mit Katharina Hertz-Eichenrode.


Ort: KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Südflügel der ehemaligen Walther-Werke



Eröffnung der Sonderausstellung

Samstag, 24. April 2010

16.00 Uhr

Ansprachen:

Direktor Dr. Detlef Garbe, KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Generalkonsul Jean-Pierre Tutin, Französisches Generalkonsulat Hamburg

Präsidentin Janine Grassin, Amicale de Neuengamme, Reims

Kuratorin Katharina Hertz-Eichenrode, Hamburg

Musikalische Umrahmung: Aneta Pajek