Christlich-Jüdisches Erinnern - Gedenkfeier für sechs Opfer der SS-Mordaktion im KZ-Dachau vor 90 Jahren

Gedenkveranstaltung
Gottesdienst
30. Juni 2024
15:00 - 16:30 Uhr
Ort: Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau Alte Römerstr. 87 85221 Dachau
Veranstalter: Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau

Am 30. Juni und am 1. Juli 1934 ermordete die SS im KZ Dachau mehrere Menschen, unter ihnen die beiden jüdischen „Schutzhäftlinge“ Dr. jur. Julius Adler (51), Rechtsanwalt aus Würzburg, der versucht hatte, die „Arisierung“ der Fabrik eines Verwandten abzuwenden, und Erich Gans (25), Arbeiter aus Nürnberg, der als KPD-Mitglied schon am 11. April 1933 ins KZ Dachau verschleppt worden war, sowie die nichtjüdischen NS-Gegner Walter Häbich (29), Redakteur des KPD-Organs „Neue Zeitung“ (München), Adam Hereth (37), Arbeiter, SPD-Ortsvereinsvorsitzender in Bayreuth-Laineck und aktiv in den republikanischen Wehrverbänden Reichsbanner und Eiserne Front, und Dr. phil. Fritz Gerlich (51), Historiker, Archivar, als konservativer publizistischer Gegner der Nazis in München seit 9. März 1933 in Haft, ferner als erste Frau, die ins KZ Dachau verschleppt wurde, Ernestina Zoref (38), aus Wien stammende Haushälterin und Lebenspartnerin des deutschbaltischen Journalisten Paul Edmund von Hahn, der, obgleich zunächst ein Günstling von Heinrich Himmler, bereits Mitte Mai 1933 selbst in politische Haft genommen wurde. Nach der offiziellen Version war er 1934 „auf Bewährung“ entlassen worden und untergetaucht. Ernestina Zoref wurde dann gewissermaßen in „Sippenhaft“ genommen und an seiner Stelle von der SS ermordet.

Die SS stellte nachträglich die absurde Behauptung auf, die Häftlinge hätten sich der Revolte der SA („Röhm-Putsch“) angeschlossen – auch diesen angeblichen Putsch hatte die NS-Propaganda nur vorgeschoben, um sich des lästigen SA-Führers Ernst Röhm zu entledigen.

Reichsweit ermordete das NS-Regime im Rahmen der „Niederschlagung der Röhm-Revolte“ nicht nur Röhm und weitere SA-Führer, die meisten von ihnen selbst mit Blut an den Händen, sondern auch zahlreiche politische Gegner.

Zum 90. Jahrestag erinnern Pastoralreferentin Judith Einsiedel und Kirchenrat Dr. Björn Mensing mit Kurzbiographien an die genannten sechs unschuldigen Opfer der SS-Mordaktion. An der Gestaltung beteiligt sich Ernst Grube, Präsident der Lagergemeinschaft Dachau und Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Er wurde 1932 als Sohn einer jüdischen Krankenschwester und eines evangelischen Malermeisters in München geboren. Beide Eltern sahen in der KPD das stärkste Bollwerk gegen den Nationalsozialismus. In der NS-Zeit wurde die Familie Grube antisemitisch verfolgt, die Mutter wurde mit den drei Kindern schließlich im Februar 1945 ins Ghetto Theresienstadt verschleppt, wo sie am 8. Mai 1945 von der Roten Armee befreit wurden. Später engagierte sich der junge Antifaschist Ernst Grube in der Gewerkschaft und in der KPD. In der Adenauerzeit wurde er deshalb zu Haftstrafen verurteilt. Seit Jahrzehnten spricht Ernst Grube als Zeitzeuge mit Kindern und Jugendlichen über sein Verfolgungsschicksal und in den letzten Monaten war er Redner bei großen Demonstrationen gegen den aktuellen Rechtsextremismus.

Die musikalische Gestaltung übernimmt das Dachauer Jugendsinfonieorchester unter Leitung von Gudrun Huber.

Beim Abschluss in der Jüdischen Gedenkstätte, gestaltet vom Landesverband Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern, tragen Männer eine Kopfbedeckung.

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