»Wir schon wieder« – unter diesem provokativ-anspielungsreichen Titel erschien im September 2024 eine Anthologie mit 16 jüdischen Erzählungen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind die Autorinnen und Autoren in den 80er und 90er Jahren geboren und häufig als Kinder sog. Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen. Von ihren Hoffnungen und Erfahrungen, ihrem je unterschiedlichen jüdischen Selbstverständnis, vor allem aber von ihrer Enttäuschung und Empörung angesichts der Geschehnisse des 7. Oktober 2023 und der Reaktionen in Deutschland handeln viele der Texte. Das Seminar möchte diesen Band zum Ausgangspunkt und Anlass einer genauen Lektüre und Diskussion von Beispielen einer neuen jüdischen Literatur in Deutschland nehmen. Ob und wenn ja inwiefern sich von einer jüdischen Literatur überhaupt sprechen lässt, wie Autor*innen selbst diese Zuschreibung verstehen (oder auch kritisieren), soll an Erzählungen und Romanen von Esther Dischereit (geb. 1952), Olga Grjasnowa (geb. 1984), Lena Gorelik (geb. 1981), Dimitrij Kapitelman (geb. 1986), Doron Rabinovici (geb. 1961) und Dana von Suffrin (geb. 1985) erörtert werden. Dabei wird es ebenso sehr um dominante Motive und Themen – Auseinandersetzung mit Herkunft, Kindheit und Familiengeschichte; Erlebnisse in Schule und gesellschaftlichem Umfeld – wie um die spezifisch literarischen Formen und Erzählweisen gehen, durch die sich die jüdische Literatur in Deutschland als ebenso vielfältig wie innovativ erweist.