Ein fachdidaktischer Blick auf gedenkstättenpädagogisches Unterrichtsmaterial

06/2021Gedenkstättenrundbrief 202, S. 44-52
Christina Wirth

»Geschichte steht und fällt mit dem Angebot an geeigneten Materialien.«[1]

Gedenkstättenpädagogik und schulische Geschichtsdidaktik haben spätestens seit der »Pädagogisierung ihrer Erinnerungskultur«[2] im Zuge der Gedenkstättenkonzeption große Überschneidungen in der Zielsetzung.[3] Sowohl Schulen als auch Gedenkstätten haben »einen expliziten historisch-politischen Bildungs- und Vermittlungsauftrag«.[4] Gedenkstätten sind dabei sowohl Gegenstand als auch Medium der Vermittlung von historischen Wissen.[5] Die Schule wiederum basiert auf »einer systematischen Behandlung vorgegebener Themen und der Einübung bestimmter Verfahren zu definierten übergreifenden Zwecken.«[6]

Seit der Curriculumsdebatte in den 1970er-Jahren und dem Einzug der Kompetenzorientierung ist die Ausbildung eines Geschichtsbewusstseins Ziel und Berechtigungsgrundlage des Geschichtsunterrichtes.[7] Gerade in Bezug auf die ›Pädagogisierung der Erinnerung‹ spielt das Geschichtsbewusstsein eine wichtige Rolle im Selbstverständnis der Gedenkstättenpädagogik. Volkhard Knigge besteht darauf, dass durch die Etablierung eines reflexiven Geschichtsbewusstseins als Ziel gedenkstättenpädagogischer Arbeit einer Instrumentalisierung der Geschichte des Nationalsozialismus entgegengewirkt werden kann.[8] Die Geschichtsdidaktik ist sich einig, dass die Verankerung bestimmter Prinzipien im Geschichtsunterricht und seiner Materialien zu der Ausbildung des Geschichtsbewusstseins führen. Dabei ist klar, dass themen- und materialabhängig nicht alle Prinzipien gleich große Berücksichtigung finden können. Grundsätzlich muss auch für die Gedenkstättenpädagogik Hilke Günther-Arndts und Michael Sauers Appell gelten, dass didaktische Konzepte »operationalisiert […] und ›kleingearbeitet‹ werden [müssen], damit sie für Lehr-/Lernprozesse handhabbar und […] empirisch überprüfbar werden […].«[9] Dennoch gibt es bisher weder didaktische Untersuchungen noch Handreichungen über Unterrichtsmaterialien im Gedenkstättenbereich. Mit Hilfe des vorliegenden Artikels möchte die Autorin dieses Desiderat angehen und die gemeinsamen Frage- und Problemstellungen beider Disziplinen anhand von gedenkstättenpädagogischer best-practice-Beispielen beleuchten. Im Fokus stehen die Umsetzung von Multiperspektivität, Gegenwartsorientierung, Fremdverstehen und Standortgebundenheit von Quellen. Es wurden Materialien ausgewählt, die für die Verwendung in der Schule entwickelt wurden. Infrage kamen Materialien aus den KZ-Gedenkstätten Bergen-Belsen und Neuengamme sowie den Arolsen Archives.[10]

Wie können Quellen aus Konzentrationslagern multiperspektivisch und adressatengerecht aufbereitet werden?

Eine ergiebige Vorlage dazu bietet die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen mit ihrem 2018 im Zuge der Wanderausstellung »Kinder im KZ Bergen-Belsen« herausgebrachten Unterrichtsmaterial. Dieses umfasst 239 Materialkarten und ein Heft für Lehrkräfte mit historischen Einführungstexten und didaktischen Hinweisen. Die große Quellensammlung kann in den Sekundarstufen I und II eingesetzt werden.[11] Im Gegensatz zum Schulbuch, das sich lediglich auf eine kleine Anzahl aussagekräftiger Quelleninhalte beschränkt, wird ein breiter Schuber mit zahlreichen Quellenkarten zur Verfügung gestellt. Durch die große Zahl an Karten und zu Wort kommenden Opfern bzw. Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung wird der Aspekt der Multiperspektivität auf beeindruckende Weise beachtet. Grundsätzlich versteht die Fachdidaktik unter Multiperspektivität, dass Schülerinnen und Schülern Quellen präsentiert werden, die unterschiedliche Perspektiven offenlegen. Dabei muss kein diametraler Gegensatz behandelt werden, wie das Unterrichtsmaterial verdeutlicht. Die Fülle an Aussagen und die Größe des Schubers machen die Dimension und den Facettenreichtum der Verfolgung ansatzweise greifbar. Die Entscheidung für eine Vielzahl an Quellen stimmt zwar nicht mit den allgemeinen Empfehlungen der Fachdidaktik nach Qualität statt Quantität überein, dennoch hat die Auswahl ihre Berechtigung: Je nach Einsatz im Unterricht kann die Dimension der Verfolgung angedeutet und greifbar werden, zumal die Inhalte nachvollziehbar und sprachlich leicht zu entschlüsseln sind.[12] Insgesamt muss vor allem die Quellenpräsentation gelobt werden.[13]

Besonders ungewöhnlich ist, dass sich im eigentlichen Material für die Schülerinnen und Schüler keine Arbeitsaufträge finden lassen, da die Herausgebenden der Meinung sind, »dass die Lehrkraft am besten weiß, in welcher Form sich die Lerngruppe mit den Karten auseinandersetzen soll.«[14] Lediglich in den Hinweisen werden mögliche Aufgaben skizziert. Bei der Zusammenstellung und Gestaltung der Quellenkarten wurde ein problemorientiertes Vorgehen fokussiert. Dieses Vorgehen definiert die Fachdidaktik als »Verlaufsplan für eine Unterrichtseinheit oder -sequenz, der sich am wissenschaftlichen Vorgehen orientiert.«[15] Für dieses Vorgehen sollte der Dreischritt Fragestellung-Erarbeitung-Zusammenfassung als Orientierung dienen.[16] Bei diesem Vorgehen handelt es sich um eine Idealvorstellung, wie Sauer betont, da die Schülerinnen und Schüler in den seltensten Fällen eigene Fragestellung entwickeln und auch das aufwendige Vorgehen von Historikerinnen und Historikern nicht genau nachvollzogen werden kann.

Die biografischen Quellen des vorliegenden Unterrichtsmaterials folgen keinem dezidiert biografischen oder chronologischen Strukturierungsprinzip, sondern werden basierend auf einer Vorauswahl gruppiert. Die Autorinnen und Autoren erklären: »Die Grundidee hinter dem vorliegenden Material liegt darin, die Aussagen der Häftlinge bzw. Überlebenden in alltägliche Tätigkeiten zu klassifizieren.«[17] Die verschiedenen Bild- und Textquellen werden nach Rubriken eingeteilt, die in ihrer Logik an die Maslowsche Bedürfnispyramide angelehnt sind. Jede ihrer Ebenen wurde in dem Material vereinfacht beschrieben. Es gibt verschiedenfarbig unterlegte Rubriken: »essen und trinken«, »fühlen«, »helfen«, »hoffen, wünschen, feiern«, »leben«, »leiden«, »lernen und spielen«, »sterben und dann …?«.[18] Da hier verschiedene Quelleninhalte und mit ihnen verbundene Individuen beispielhaft verschiedene Schicksale im Konzentrationslager widerspiegeln, handelt es sich um eine typisierende Zusammenstellung. Die Rubriken beinhalten außerdem einzelne Fragestellungen, die sich in ihrer Komplexität steigern. Beispielsweise wird unter der Rubrik »leben« zunächst gefragt »Wo wohnten die Kinder?«, dann »Wie sah der Alltag der Kinder aus?« und anschließend »Wie erlebten die Kinder Erwachsene?«.[19] In den didaktischen Hinweisen werden weitere mögliche Fragen angeführt, die die Lehrkräfte erst zu Aufgaben formen müssen. Die Fragen haben nämlich keinen Bezug zu den handlungsinitiierenden Operatoren, was die Geschichtsdidaktik grundsätzlich kritisch sieht.[20] Die Autorinnen und Autoren begründen die Verwendung der Verben mit der großen Anschlussfähigkeit für die Lernenden, da es sich um Alltäglichkeiten handelt. Es wird offensichtlich, dass das Material adressatenbezogen ist. Mithilfe des Adressatenbezugs sollen didaktische Materialien zum einen auf die Interessen und die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet sein, was motivationssteigernd wirkt. Zum anderen soll unter dieser Rubrik die Heterogenität der Lernenden miteinbezogen werden. Die zu behandelnden Inhalte sollten kognitiv für die jeweilige Altersklasse aufgearbeitet sein. Um dies zu gewährleisten, müssen die Materialen mögliche Hilfestellung beinhalten. Dies berücksichtigen die Herausgebenden insbesondere durch die Vorstrukturierung.

Ziel des vorliegenden Materials ist es, Fremdverstehen durch die wahrgenommene Alteritätserfahrung zu ermöglichen. Die Schülerinnen und Schüler vergleichen mithilfe vorgegebener Kategorien, unabhängig vom konkreten Arbeitsauftrag, die historische und die aktuelle Bedürfnisbefriedigung. Obwohl die Herausgebenden keinen biografischen Ansatz vorgesehen haben, ermöglichen sie diesen mit ihren Angaben am linken Kartenrand und inkludieren das alternative Vorgehen in die pädagogische Handreichung.[21] Die Inszenierungs- und Anschlussoffenheit ist in besonderem Maße gegeben, allerdings bedeutet sie intensive Vorbereitung zulasten der Lehrkraft.

Wie gelingen Gegenwartsorientierung und die Verzahnung von Quellen mit Aufgaben?

Als gutes Beispiel in diesem Zusammenhang kann das Material »Entrechtung, Widerstand, Deportationen 1933–1945 und die Zukunft der Erinnerung in Hamburg« gelten, das 2015 von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Kooperation mit der Körber-Stiftung und dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung herausgegeben wurde. Dieses enthält zwei Module sowie »Hinweise für Lehrer«, Vorwort und Glossar. Der Bereich für Lehrkräfte beinhaltet Lernziele, Unterrichtsvorschläge, Ideen für Erweiterungen und Verweise auf weitere Informationsstellen.[22]

Das erste Modul beschäftigt sich mit »Entrechtung, Verfolgung und Deportation in Hamburg«, mit den Unterthemen »Verfolgte in Hamburg«, »Deportationen« und »Täter«. Es orientiert sich an der Vermittlung von Sachwissen und stimmt emotional auf das Thema im Zuge eines biografischen Verfahrens ein.[23] Vorgestellt werden Überlebende und Opfer des Regimes und Täter, die stellvertretend für die deutsche Gesellschaft stehen. Auf der Seite der Opfer bieten sich Identifikationsangebote und die Täter sind divers dargestellt. Bei diesem Vorgehen wurde sich an dem didaktischen Prinzip der Personifizierung orientiert. Dieses etablierte Klaus Bergmann in Abgrenzung zur Personalisierung, die wegen der historistischen Behandlung ›großer Männer‹ bzw. Sieger einem kritischen Geschichtsbewusstsein entgegenwirkt.[24] Im Sinne der Personifizierung untersucht dieses gedenkstättenpädagogische Material demnach ›kleine Leute‹ durch eine typisierende Quellenauswahl.[25] Im Unterrichtsmaterial finden sich außerdem viele handlungsorientierte Arbeitsaufträge: Die Schülerinnen und Schüler sollen Kurzbiografien verfassen, recherchieren oder einen Stadtrundgang planen.[26] Die fachdidaktische Vorgabe der Handlungsorientierung »zielt auf Schüleraktivität, selbstständiges Lernen und praktisches Tun«[27] und somit auf Produktorientierung ab. Das vorliegende Unterrichtsmaterial gibt sehr passende Beispiele für solche Produkte als Ergebnis des Lernprozesses.

Durch ein Quellenarrangement, das sowohl breit angelegte Täterdokumente als auch vielfältige Quellen der Opfergruppen beinhaltet und so die Sicht auf die Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln schildert, wird dem Kriterium der Multiperspektivität entsprochen. Auch interkulturelles Lernen wird in einem Arbeitsauftrag aufgegriffen: »Schreibe als englische Reporterin einen Artikel über die Kindertransporte und ihre Gründe.«[28] Um diesen Arbeitsauftrag adäquat zu erfüllen, müssen sich die Schülerinnen und Schüler in die Gedankenwelt einer zeitgenössischen Britin oder Amerikanerin hineinversetzen. Dazu müssen die unterschiedlichen Bewertungen der Ereignisse mitbedacht und der historische Kontext auf den Wissensstand der fiktiven Figur übertragen werden.[29] Wenn Schülerinnen und Schüler geübt mit Alteritäten in geschichtlichen Kontexten umgehen können und in der Lage sind, Eigen- und Fremdbilder zu rekonstruieren, kann dieses Wissen auf andere kulturelle Rahmen übertragen werden. Mit der Rekonstruktion von Denkmodellen anderer (historischer) Personen stehen neue Weltenmodelle zur Verfügung und es eröffnet sich bei konsequenter Durchführung die Möglichkeit, einen third space[30] zu betreten. In diesem Kontext werden oft die Behandlung fremdsprachlicher Texte und der bilinguale Geschichtsunterricht hervorgehoben, da sie auf besondere Weise, das im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen und von der Kultusministerkonferenz geforderte, interkulturelle Lernen fördern.

Das Material übt in der Auseinandersetzung mit den diversen Tätern Fremdverstehen ein: Ihr Verhalten wird im Zuge der Wahrnehmung des historisch Abweichenden entschlüsselt und aus heutiger Sicht hinterfragt. In Bezug auf Fremdverstehen im Themenbereich des Nationalsozialismus im Allgemeinen und Tätern im Besonderen erklärt Sauer: »Fremdverstehen hieße hier, die Situation und die mentale Disposition der Menschen zu rekonstruieren, nach Gründen für ihre Verführbarkeit zu suchen – und damit auch sich selbst als prinzipiell verführbar aufzufassen.«[31] Diesen Vorgaben wird das vorliegende Material gerecht, denn es bildet aufgrund der Darstellung verschiedener Tätertypen ein diverses Bild von Täterschaft ab.

Das zweite Modul »Erinnern – aber wie?« vereinigt Fragen zur Gedenkkultur und dem konkreten »Gedenkort Hannoverscher Bahnhof«. Insgesamt bekommt es einen dominanten Gegenwartsbezug. Durch die Thematisierung geschichtskultureller Phänomene wird den Schülerinnen und Schülern »Geschichtsbewusstsein vermittelt und Gegenwartsorientierung ermöglicht.«[32] Dazu findet in dem vorliegenden Material explizit eine Verknüpfung der Zeitebenen statt, was den narrativen Charakter von Geschichte als Konstrukt unterstreicht. Dadurch ermöglicht es eine Gegenwartsorientierung und »Teilhabe an Geschichtskultur«.[33] Innerhalb des Moduls widmen sich die Autorinnen und Autoren dem Erinnerungsbegriff und der Erinnerungskultur. Insgesamt ist dieses problemorientiert; in gleich zwei Überschriften lassen sich Fragezeichen finden.

Besonders positiv hervorzuheben ist die Überschrift »Wie wollt ihr euch erinnern?«, denn sie erhebt die Schülerinnen und Schüler zu autonomen Subjekten mit Teilhabe am Erinnerungsdiskurs. Mithilfe des Materials wird den Lernenden eine induktive Untersuchung des Konstruktcharakters von Erinnerung ermöglicht. Nachdem sie sich beispielhaft mit dem Gedenkort ›Hannoverscher Bahnhof‹ auseinandergesetzt haben und dadurch erfahren, dass dieser von anderen Schülerinnen und Schülern mitkonzipiert wurde, kommen sie zu einem ersten Werturteil. Die Terminologie zur Erinnerungskultur wird im nächsten Unterkapitel hinzugefügt, sodass das induktiv Erschlossene benennbar wird. Auch die kritische Sichtweise auf Gedenkkultur wird in Form der Wiedergabe der Debatte über die Stolpersteine im Material verankert. Somit überzeugt dieser Aufbau und unterstreicht die Konstruktivität von Geschichte und Erinnerung mit einem problemorientierten Zugang, bei dem auch handlungsorientierte Aufgaben zu finden sind.[34] Mit diesem Material werden die Schülerinnen und Schüler befähigt, an Erinnerungskultur teilzunehmen und Ursachen- und Sinnzusammenhänge in Bergmanns Sinne zu erkennen.[35] In der Gedenkstättenpädagogik wird ein Ursachenzusammenhang hergestellt, indem »neben den Ereignissen am jeweiligen Ort […] und den Biografien der Akteure – die Vermittlung der Gedenkstätte als Ort der Geschichtskultur, ihre Entstehung im Kontext der Nachkriegsgeschichte«[36] miteinander verbunden werden. Nach Bergmann werden Sinnzusammenhänge hergestellt, wenn »Probleme, Wertvorstellungen und Erfahrungen«[37] mit gegenwärtigen Thematiken in Bezug gesetzt werden. Insgesamt aber klassifiziert Wolf Kaiser den Gegenwartsbezug als »schwierigste Frage« der Gedenkstättenpädagogik, da sie »sich zum einen im Hinblick auf den heutigen Umgang mit der Geschichte« stellt und andererseits »an die Gedenkstättenpädagogik selbst gerichtet werden«[38] kann.

Trotz der unsauberen Trennung von Quellen und Darstellungen und der oft illustrativen Verwendung von Bildquellen ist die Verzahnung von den Materialien mit passenden Aufgaben sehr gelungen.[39] Die Aufgabenstellungen entsprechen den KMK-Vorgaben und es finden sich viele Hilfestellungen. So werden den Operatoren »analysieren« oder »recherchieren« immer kleinschrittige Vorgehensweisen nachgestellt, die die Methodenkompetenz schulen und eine Form des Scaffoldings darstellen. Die Unterscheidung grundlegender- und erweiterter Aufgaben im Sinne einer Binnendifferenzierung ist beachtlich. Die Aufgabenstellungen, die als Partner- oder Gruppenarbeit gedacht sind, werden zudem grafisch abgesetzt, was Transparenz im Lernprozess schafft. Das Vorhandensein eines Glossars, die Verwendung der Tätersprache in Anführungszeichen, die Kürzung des Quellenumfangs und die Zeilenzählung sprechen für ein sprachsensibles Vorgehen. Der Adressatenbezug, besonders im zweiten Modul, schafft eine große Anschlussoffenheit für die Lehrkräfte.

Wie können Perspektivität und Methodenkompetenz anhand von Täterdokumenten behandelt werden?

Dieser Herausforderung stellen sich die Arolsen Archives mit ihrem Material »documentED«, welches je nach Anfrage individuell auf die Region zugeschnitten wird und dennoch einem gleichen Ablauf und Aufbau folgt. Bei der Bezeichnung handelt es sich um »ein Kofferwort aus documents und education«.[40] Für die vorliegende Untersuchung lag ein Exemplar für eine 13. Stufe einer Berliner Schule vor, welches in Vorbereitung auf eine Fahrt in die Gedenkstätte Auschwitz erstellt wurde. Der Aufbau des Materials zielt zwar insgesamt auf die schulische Vorbereitung eines Gedenkstättenbesuchs ab, eine Alternative ist jedoch in das Material inkludiert. Die Lehrkräfte werden mithilfe einer historischen wie quellenspezifischen Kontextualisierung sowie einem exemplarischen Einheitsverlauf ausführlich in das Material eingeführt. Das Herzstück von documentED bilden drei KZ-Quellen, die mit Hilfe des von den Arolsen Archives entwickelten e-Guides, eines webbasierten Nachschlagewerks, entschlüsselt werden können. »Der e-Guide beschreibt interaktiv die Form und Funktion der häufigsten Typen von Dokumenten, die in den Arolsen Archives überliefert sind […].«[41] Die Quellen sollen anhand von vier Aufgaben auf zwei Arbeitsblättern bearbeitet werden. Das Material nennt die Quellen »Dokumente«, da es sich um Verwaltungsdokumente handelt. Mithilfe des Materials können Dokumente aus Konzentrationslagern in das methodische Wissen der Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden, sodass sie sich detaillierteres Wissen zur Einordnung verschiedener Quellengattungen erarbeiten können.

In Bezug auf eine Ausbildung von Geschichtsbewusstsein konzentriert sich auch dieses Material auf das Prinzip der Personifizierung: Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stehen Dokumente über Fritz Buchsbaum, der Opfer des Nationalsozialismus geworden ist. Die abgedruckten Quellen bieten einen tiefergehenden Einblick in die Strukturen nationalsozialistischer Konzentrationslager. Die Generierung von Alterität ist besonders geglückt, da sich die Schülerinnen und Schüler mit der Biografie Fritz Buchsbaums während des Nationalsozialismus aus der Sicht der Täter auseinandersetzen. Allgemein wird Alterität in geschichtsdidaktischen Unterrichtsmaterial auf verschiedenen Ebenen thematisiert: Einerseits hat man es mit Denk- und Erfahrungshorizonten der Vergangenheit zu tun, die oft andersartig artikuliert werden. Andererseits kann festgestellt werden, wie bestimmte anthropologische Themenkomplexe Menschen stets begleitet haben. Ersteres ist also bei der Behandlung der Täterdokumente durch das Material der Arolsen Archives und letzteres etwa bei dem Material aus Bergen-Belsen intendiert. Durch die Behandlung von Alterität im Geschichtsunterricht erhoffen sich Geschichtsdidaktikerinnen und -didaktiker, dass Lernende in die Lage versetzt werden, sowohl ihr gegenwärtiges Selbstbild als auch das historischer Typen zu rekonstruieren.[42]

Das Material der Arolsen Archives unterstreicht auf besondere Weise die Standortgebundenheit der Quellen: Mit zielgerichteten Arbeitsaufträgen sollten diese auf Zeit-, Standort- und Interessensgebundenheit hin untersucht werden. Aufgrund der ausgewählten Quellen können die Lernenden sich mit der Biografie eines Verfolgten aus der Sicht der Verfolger auseinandersetzen und entsprechende Problematiken kennenlernen. Diese Sichtweise wird für die Lehrkräfte sehr dezidiert verdeutlicht, die Lerngruppe muss sich diese je nach Durchführung im Unterricht selbst erarbeiten. Für einen adressatengerechten Umgang mit den Quellen wären weitere Hilfestellungen über die Perspektivität der Quellen nötig. Grundsätzlich gilt, dass man »Quellen im Hinblick auf ihre Standortgebundenheit untersuchen kann […], wenn man über die notwendigen Hintergrundinformationen verfügt.«[43] In der für 60 Minuten angelegten Gruppenarbeit untersuchen die Schülerinnen und Schüler die Quellen mit Hilfe des e-Guides. Der e-Guide liefert sehr ausführliche Informationen und hat eine bedienerfreundliche Oberfläche. Gerade weil die Lerngruppe dieses Tool ohne Anleitung in einer Gruppenarbeit verwenden soll, muss sichergestellt werden, dass die Schülerinnen und Schüler eine quellenkritische Sicht einnehmen. Deswegen beinhalten die Arbeitsaufträge eine schrittweise Anleitung zu dieser quellenkritischen Einsicht, allerdings ohne die Verwendung von Operatoren. Der e-Guide hilft Schülerinnen und Schülern dabei die Besonderheiten und spezifischen Entstehungsbedingungen der Dokumente im Konzentrationslager in Erfahrung zu bringen. Fokussiert werden sollte dabei die Frage nach Erkenntnisgrenzen.

Insgesamt schult das vorliegende Material den Umgang mit der spezifischen Quellengattung KZ-Dokument, es fehlt aber eine bipolare Fragestellung. Daher müssen die Lehrkräfte die ansprechenden und vorstrukturierten Vorschläge modifizieren. Möglicherweise könnten die Lehrkräfte in einer Aufgabe die Frage danach stellen, inwiefern aus den Dokumenten Aussagen zu der Biografie Fritz Buchsbaums gestellt werden können. Dies wird im Material durch die Frage nach Leerstellen angedeutet. Die Autorinnen und Autoren selbst nehmen zum Thema Aufgabenstellung folgendermaßen Stellung: »Die Fragen beziehen sich auf das jeweilige Dokument und decken verschiedene Ebenen der Quellenkritik und des Kompetenzlernens ab. Wir empfehlen ggf. eine vorausgehende Auswahl bzw. Anpassung durch die Lehrkraft, um einer Überforderung der Schüler/innen durch die Fragen vorzubeugen.«[44]

Grundsätzlich haben die Arolsen Archives eine sehr spannende Quellengrundlage zusammengestellt, die es Lehrkräften ermöglicht, eine intensive Auseinandersetzung mit dem Lagersystem und einst Verfolgter zu präsentieren. Insbesondere die Alteritätserfahrung, mit denen man einen Zugang zu den Opfern aus der Sicht der Täter erhalten kann, ist einzigartig.

Fazit

Mit der vorliegenden Bestandsaufnahme konnte erarbeitet werden, dass sich gedenkstätten-pädagogische Materialien, die für den schulischen Gebrauch konzipiert wurden, an den Vorgaben für die Ausbildung eines Geschichtsbewusstseins orientieren. Damit zeigt sich deutlich, dass beide Institutionen – Gedenkstätte und Schule – gemeinsam der Zielvorgabe entgegenarbeiten. Aufgrund des moralisch aufgeladenen Unterrichtsgegenstandes der Verfolgung durch die Nationalsozialisten sind Gedenkstätten mit besonderen Rahmenbedingungen konfrontiert, die insbesondere bei der Darstellung der von der Fachdidaktik geforderten Kontroversität von Geschichte schwer umzusetzen sind. Durch die thematische und örtliche Eingrenzung ihres Zugriffs auf die Geschichte ergeben sich aber auch Vorteile: So konnte anhand des Materials aus der Gedenkstätte Bergen-Belsen ein beeindruckendes Beispiel für eine multiperspektivische Darstellung von Opfernarrativen vorgestellt werden, die trotz aller Alterität eine Identifikation mit den Verfolgten ermöglicht. Die Arolsen Archives wiederum können basierend auf den Täterdokumenten die Perspektivität und Standortgebundenheit von Quellen problematisieren und damit den nationalsozialistischen Zugriff auf die Verfolgten offenlegen. Aufgrund ihrer einzigartigen Quellenauswahl und der ausführlichen Kontextualisierung durch ihren e-Guide können sie die Methodenkompetenz der Lernenden fördern. Beide Angebote hätten stärkere historische Fragestellungen in das Material inkludieren können, sodass die Anschlussfähigkeit an die Schule besser gelingen kann. Hier können sich Gedenkstättenpädagoginnen und -pädagogen am Material aus der Gedenkstätte Neuengamme orientieren, der es auf beachtliche Weise gelungen ist, mit Hilfe der Fragestellungen innerhalb des Materials eine Gegenwartsorientierung zu eröffnen. Unterstützt wird diese durch die handlungs- und produktorientierten Aufgaben.

Gerade wegen erstarkender revisionistischer Tendenzen aufgrund der Impulse der Neuen Rechten ist ein gemeinsamer Zugriff von Geschichtsdidaktik und Gedenkstätten wünschenswert, sodass sie Schülerinnen und Schülern optimal bei der Ausbildung eines kritischen Geschichtsbewusstseins unterstützen können.

 

Christina Wirth beendete 2021 ihren Master of Education mit den Fächern Geschichte und Deutsch an der Georg-August-Universität Göttingen und untersuchte in einem Forschungsprojekt gedenkstättenpädagogische Unterrichtsmaterialien aus geschichts-didaktischer Sicht mit Hilfe einer qualitativen Analyse. Aktuell ist sie als Vertretungslehrerin tätig und bereitet ihre Promotion vor.

 

[1]    Sauer, Michael: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik, 5. Auflage, Seelze 2006, S. 104.

[2]    Meseth, Wolfgang: Die Pädagogisierung der Erinnerungskultur. Erziehungswissenschaftliche Beobachtungen eines bisher kaum beachteten Phänomens, in: Zeitschrift für Genozidforschung 8, Heft 2/2007, S. 96–117.

[3]    Popp, Susanne: Universitäre Ausbildung, Geschichtsdidaktik und die Gedenkstättenpädagogik, in: Gedenkstättenrundbrief 190, 6/2018.

[4]    Sauer, Michael: Museen, Archive, Gedenkstätten. Potenziale außerschulischer Lernorte, in: Körber-Stiftung (Hg.) Geschichtsprojekte beflügeln. Wie Kooperationen von Schulen, Archiven, Museen und Gedenkstätten gelingen, Hamburg 2014, S. 8.

[5]    Haug, Verena; Thimm, Barbara: Projektdokumentation. Aus der Geschichte lernen? Entwicklung zeitgenössischer Seminarkonzepte zur Vermittlung der NS-Geschichte insbesondere an Gedenkstätten im Kontext einer historisch-politischen Bildungsarbeit in Demokratie fördernder Perspektive, Dachau 2007, S. 13.

[6]    Sauer, Michael: Geschichte unterrichten, S. 13.

[7]    von Borris, Bodo: Von der Curriculumdebatte um 1970 zur Kompetenzdebatte um 2005, in: Andreas Körber et al. (Hg.) Kompetenzen Historischen Denkens. Ein Strukturmodell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik, Neuried 2007, S. 234.

[8]    Knigge, Volkhard: Erinnerung oder Geschichtsbewusstsein? Warum Erinnerung allein in eine Sackgasse für historisch-politische Bildung führen muss, in: Volkhard Knigge (Hg.) Kommunismusforschung und Erinnerungskulturen in Ostmittel- und Westeuropa, Köln 2013, S. 177–193.

[9]    Günther-Arndt, Hilke; Sauer, Michael: Einführung. Empirische Forschung in der Geschichtsdidaktik, Fragestellung – Methoden – Fragen, in: Hilke Günther-Arndt, Michael Sauer (Hg.) Geschichtsdidaktik empirisch. Untersuchungen zum historischen Denken und Lernen, Berlin 2006, S. 7f.

[10]  An dieser Stelle gilt ein großer Dank Katrin Unger, Ulrike Jensen und Christian Höschler, die das vorliegende Untersuchungsmaterial zur Verfügung gestellt und viele Fragen beantwortet haben. In diesem Kontext muss mitbedacht werden, dass nicht alle Gedenkstätten dezidiertes Unterrichtsmaterial erstellen, da sie ihren Aufgabenbereich anders definieren. Des Weiteren darf nicht unterschätzt werden, dass pädagogische Abteilungen trotz der staatlichen Förderungen oft unterbesetzt sind und die Mitarbeitenden eine hohe Arbeitsbelastung haben, s. u. a. Scheurich, Imke: NS-Gedenkstätten als Orte kritischer historisch-politischer Bildung, in: Barbara Thimm et al. (Hg.) Verunsichernde Orte. Selbstverständnis und Weiterbildung in der Gedenkstättenpädagogik, Frankfurt a.M. 2010, S. 42.

[11]  Kasten, Joachim et al. (Hg.): Kinder in Bergen Belsen. Pädagogische Materialien, Celle 2018: Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, S. 24.

[12]  Sauer, Michael: Textquellen im Geschichtsunterricht. Konzepte – Gattungen – Methoden, Seelze 2018, S. 25.

[13]  Unter dem Quellentext findet sich eine Angabe zur Quellenart, meist handelt es sich um Verschriftlichungen archivierter Videointerviews. Die Autorinnen und Autoren verweisen in ihren Ausführungen darauf, dass mit der Verwendung von Oral History quellenkritisch umgegangen werden muss.

[14]  Kasten et al., Kinder, S. 30.

[15]  Günther-Arndt, Hilke: Methodik des Geschichtsunterrichts, in: Hilke Günther-Arndt (Hg.) Geschichts-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2003, S. 169.

[16]  Sauer, Geschichte unterrichten, S. 94f.

[17]  Kasten et al., Kinder, S. 26.

[18]  ebd., S. 27, außerdem Karten: 1, 17, 28, 40, 57, 76, 95, 111, 128.

[19]  ebd., S. 28, Karte 57.

[20]  Uhlmann, Daniel: Standards und Kompetenzen im Geschichtsunterricht. Eine vergleichende Schulbuchanalyse für die Sekundarstufe I, in: Bernd Schönemann, Holger Thünemann (Hg.) Kompetenzorientierung, Lern-progression, Textquellenarbeit. Aktuelle Schulbuchanalysen, Berlin 2013, S. 31.

[21]  Kasten et al., Kinder, S. 30.

[22]  Körber-Stiftung, der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (Hg.): Entrechtung, Widerstand, Deportationen 1933–1945 und die Zukunft der Erinnerung in Hamburg. Neue Ansätze für den schulischen Unterricht und die außerschulische Bildungsarbeit zum Nationalsozialismus, Hamburg 2015.

[23]  Zu den Verfahren s. Sauer, Geschichte unterrichten, S. 88.

[24]  Klaus Bergmann, Personalisierung im Geschichtsunterricht – Erziehung zu Demokratie, Stuttgart 1972.

[25]  Zur Quellenauswahl: Sauer, Geschichte unterrichten, S. 88.

[26]  Körber Stiftung et al., Entrechtung, S. 17, 25.

[27]  Sauer, Geschichte unterrichten, S. 88.

[28]  Körber Stiftung et al., Entrechtung, S. 17.

[29]  Da es sich um eine »Grundlegende Aufgabe« handelt, also einer nicht nach oben differenzierten, wird der Bericht vermutlich auf Deutsch verfasst.

[30]  Kramsch, C.: Context and Culture in Language Teaching, Oxford 1993.

[31]  Sauer, Geschichte unterrichten, S. 77.

[32]  Sauer, Geschichte unterrichten, S. 16.

[33]  Günther-Arndt, Hilke: Historisches Lernen und Wissenserwerb, in: Hilke Günther-Arndt (Hg.) Geschichts-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2003, S. 35.

[34]  Beispielsweise sollen die Schülerinnen und Schüler, nachdem sie die präsentierten Erinnerungsprojekte untersucht haben, eigene Überlegungen für derartige Projekte anstellen. Vgl. ebd., S. 45.

[35]  Bergmann, Klaus: Der Gegenwartsbezug im Geschichtsunterricht, Schwalbach 2002, S. 34–42.

[36]  Kößler, Gottfried: Der Gegenwartsbezug gedenkstättenpädagogischer Arbeit, in: Barbara Thimm et al. (Hg.) Verunsichernde Orte. Selbstverständnis und Weiterbildung in der Gedenkstättenpädagogik, Frankfurt a.M. 2010, S. 46.

[37]  Bergmann, Klaus: Der Gegenwartsbezug im Geschichtsunterricht, Schwalbach 2002, S. 40f.

[38]  Kaiser, Wolf: Gedenkstättenpädagogik heute. Qualifizierung von Fachkräften in der historisch-politischen Bildung an Gedenkstätten und anderen Orten der Geschichte des Nationalsozialismus, in: Barbara Thimm et al. (Hg.) Verunsichernde Orte. Selbstverständnis und Weiterbildung in der Gedenkstättenpädagogik, Frankfurt a.M. 2010, S. 21f.

[39]  Nur aus den Quellenangaben, die wiederum stets einwandfrei angegeben sind, kann rekonstruiert werden, ob es sich um eine Quelle oder Darstellung handelt. Im Bereich für Lehrkräfte wird zugestanden, dass eine Unterscheidung je nach Verwendung sinnvoll wäre, sodass sich die Herausgebenden dieser Problematik bewusst sind, s. Körber Stiftung et al., Entrechtung, S. 56. Ein methodisch einwandfreierer Zugang zur Gattung Foto findet sich in der Bearbeitung zum Gedenkort Hannoverscher Bahnhof. Über die Problematik illustrativer Quellen, s: Sauer, Textquellen; Grosch, Waldemar: Schriftliche Quellen und Darstellungen, in: Hilke Günther-Arndt (Hg.) Geschichts-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2003, S. 63–82.

[40]  Arolsen Archives (Hg.): documentED. Toolkit für die Vor- und Nachbereitung eines Besuchs des 13. Jahrgangs bei der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau mit Dokumentenaus den Arolsen Archives, S. 4.

[41]  ebd., S. 7.

[42]  Sauer, Geschichte unterrichten, S. 76f.

[43]  Sauer, Textquellen, S. 191.

[44]  Arolsen Archives, documentED, S. 5.