Neue Homepage zur Deportation von Jüdinnen und Juden aus der Pfalz nach Gurs

Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz
24. Januar 2023

Neue Homepage der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) beleuchtet anhand von Fotografien und Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen die Deportation jüdischer Menschen aus der Pfalz in das Lager Gurs im Jahr 1940

www.gurs-pfalz.de:

"Die neu erarbeitete Homepage ist eine innovative Form der historisch-politischen Bildung und auch des Gedenkens an die Opfer und geeignet, auch das jüngere Publikum für die Thematik zu sensibilisieren", so Bernhard Kukatzki, Direktor der LpB. "Da es sich um die erste Deportation aus dem Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz handelt, ist das Lager Gurs ein wichtiges Thema der Landeszentrale, mit dem wir uns schon seit vielen Jahren beschäftigen."

Im Oktober 1940 ordneten der Gauleiter der Saarpfalz, Josef Bürckel, und sein Amtskollege in Baden, Robert Wagner, die Ausweisung aller Jüdinnen und Juden aus der Pfalz, dem Saarland und Baden in den unbesetzten Teil Frankreichs an. Daraufhin wurden insgesamt 6.538 jüdische Männer, Frauen und Kinder, davon 825 aus der Pfalz, am 22. Oktobers 1940 verhaftet und in Zügen Richtung Frankreich deportiert. Die französische Regierung in Vichy leitete die Züge in das Internierungslager Gurs am Rande der Pyrenäen.

Dem Schicksal der nach Gurs Deportierten aus der Pfalz widmet sich nun die neue Homepage www.gurs-pfalz.de der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz (LpB). Dort ist unter anderem eine Fotoserie zu finden, die Pfälzer jüdischer Herkunft zeigt, die am 22. Oktober 1940 auf dem Schulhof der Maxschule in Ludwigshafen auf ihren Weitertransport warten mussten. Durch Anklicken einzelner Punkte auf den Fotos werden Informationen zum Ablauf der Deportation, zu den betroffenen Menschen und ihrem weiteren Schicksal gegeben.

Viele der abgebildeten Personen kamen in Gurs oder anderen Lagern ums Leben. "Die Fotos dieser Menschen sind oft die letzten, die von ihnen gemacht wurden", erläutert Ulrike Holdt, Leiterin des NS-Dokumentationszentrums Rheinland-Pfalz in Osthofen, das die Website erstellte. "Nicht nur deshalb sind die Fotos von unschätzbarem Wert für die historische Forschung, sondern auch, weil es die einzigen erhaltenen Aufnahmen von einer Deportation aus der Pfalz sind." Aufbewahrt und erforscht wird die Fotoserie im MARCHIVUM, dem Mannheimer Stadtarchiv, das die Arbeit des NS-Dokumentationszentrums mit wertvollen Informationen zu den abgebildeten Personen unterstützt hat.

Ergänzt wird die neue Homepage der LpB durch Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus der Pfalz, die eindrucksvoll schildern, wie sie die Deportation am 22. Oktober 1940 erlebten.

Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit, in einer umfangreichen Datenbank des Landesarchivs Baden-Württemberg nach Namen oder Herkunftsorten von Deportierten zu recherchieren. Für jedes Opfer ist dort ein Biogramm hinterlegt. Außerdem ist auf der neuen Website der LpB ein Film von Dietmar Schulz über die Rettung jüdischer Kinder aus Gurs zu finden. Die Ergänzung weiterer Filme ist geplant.

 

Zum Lager Gurs

Das Lager am Fuße der Pyrenäen war nicht auf die vielen Neuankömmlinge vorbereitet. Die Lebensbedingungen waren katastrophal: Die Baracken waren stark überbelegt, es gab zu wenige sanitäre Einrichtungen, kaum Lebensmittel und Medikamente. Viele der meist älteren Deportierten starben bereits kurz nach der Ankunft.

Ab 1941 wurden ein Teil der Internierten in andere Lager in Südfrankreich verlegt. Einigen gelang es noch auszuwandern oder sich zu verstecken. Durch den mutigen Einsatz von Widerstandsorganisationen und religiösen Vereinigungen konnte der Großteil der deportierten Kinder gerettet werden. Die Mehrheit der erwachsenen Jüdinnen und Juden wurde jedoch ab August 1942 nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager verschleppt und dort ermordet.