Buchpremiere in der Gedenkstätte Sachsenhausen: "1470 KZ-Geheimnisse" von Emil Büge
Emil Büge ist als Kronzeuge der Ermordung der sowjetischen Kriegsgefangenen im KZ Sachsenhausen bekannt. Sein vollständiger Bericht, den er unmittelbar nach 1945 mit Hilfe seiner herausgeschmuggelten Notizen aus der Politischen Abteilung des KZ Sachsenhausen niederschrieb, erscheint jetzt erstmals in der Reihe "ÜberLebenszeugnisse" der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in einer ausführlich kommentierten und mit einem biografischen Nachwort versehenen Edition. Im Rahmen einer Veranstaltung werden das Buch und sein Autor am Dienstag, 16. November 2010, um 19 Uhr in der Gedenkstätte Sachsenhausen vorgestellt. Nach einer Einführung durch den Herausgeber und wissenschaftlichen Mitarbeiter der Gedenkstätte Sachsenhausen, Dr. Winfried Meyer, wird der Schauspieler Harald Schrott Passagen aus dem Text lesen. Abschließend wird Gisbert Büge über Erinnerung an seinen Vater sprechen.
Der Reklamefachmann und Weltenbummler Emil Büge wird am 2. November 1939 in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Er nutzt seine Position als Hilfskraft in der Politischen Abteilung der KZ-Kommandantur für seinen persönlichen Rachefeldzug gegen die SS: Dreieinhalb Jahre lang macht er heimlich Abschriften aus den Akten, die die Willkür und Brutalität von Gestapo und SS, Einzelschicksale von Häftlingen und die Vernichtung ganzer Häftlingsgruppen dokumentieren. Büge kann seine Notizen zwar aus dem Lager schmuggeln, aber sie weder den Alliierten zuspielen noch später veröffentlichen. Vor 60 Jahren, in der Nacht vom 12. auf den 13. November 1950 nimmt er sich das Leben.
Seine nur provisorisch in einen erzählenden Text eingefügten Notizen vermitteln in ihrem Detailreichtum und ihrer Konzentration auf die "vergessenen Opfer" des NS-Regimes faszinierende Einblicke in die abgeschlossene Innenwelt des Konzentrationslagers der Reichshauptstadt Berlin. Die in der DDR unter Verschluss gehaltene und von der wissenschaftlichen Forschung erst spät entdeckte bedeutende Quelle zur Geschichte des KZ Sachsenhausen ist jetzt erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Der Schauspieler Harald Schrott verkörperte nach seiner Ausbildung an der Schauspielschule Innsbruck zahlreiche Film- und Fernsehrollen und war unter anderem am Maxim Gorki Theater in Berlin und am Schauspielhaus Düsseldorf engagiert.
Zu der Veranstaltung laden wir alle Interessierten herzlich ein. Der Eintritt ist frei.
Emil Büge: 1470 KZ-Geheimnisse. Heimliche Aufzeichnungen aus der Politischen Abteilung des KZ-Sachsenhausen von November 1939 bis April 1943, Berlin 2010, Metropol Verlag, ca. 360 S., zahlr. Abb., 14,40 € im Buchladen der Gedenkstätte, im Buchhandel 24 € (ÜberLebenszeugnisse, Bd. 5)
Begrüßung: Prof. Dr. Günter Morsch (Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten)
Einführung: Dr. Winfried Meyer (Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen)
Lesung: Harald Schrott (Schauspieler)
Gisbert Büge: Erinnerungen an meinen Vater
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
Straße der Nationen 22, 16515 Oranienburg